Von Veronika Krull |Jungholz/TirolRoter Mohn leuchtet neben der krausen Petersilie. Melis-se und Minze wiegen sich im Wind. Betörend duftende Rosen und gelb-orangefarbene Studentenblumen setzen zusätzliche Farbtupfer: Der kreisrund angelegte Kräutergarten an der Pfarrkirche der Tiroler Exklave Jungholz ist wunderschön anzuschauen. Dies gilt genauso für das adlerköpfige "Kräutertor" am Ortseingang. Kräutergarten und Kräutertor wurden gestern offiziell eingeweiht: Damit darf man das schon zu Österreich gehörende touristisch stark frequentierte Bergdorf als "Allgäuer Kräuterdorf" und als "erstes Tiroler Alpenkräuterdorf" bezeichnen.
Die Idee zum grenzübergreifenden Projekt hatte vor gut einem Jahr Kräuterbäuerin Lili Stangl aus Pfeiffermühle. Das ist ein Ortsteil der Marktgemeinde Wertach und liegt bereits auf deutschem Boden. Für Lili Stangl gilt das Gebiet in und um Jungholz als "jungfräulich und unbedarft": In der Bergbauern-Idylle werde kein Gift gespritzt. "Man kann Wanderungen unternehmen und die Natur genießen."
Bei der Jungholzerin Gertrud Lochbihler stieß die Bäuerin von der Pfeiffermühle sofort auf ein offenes Ohr. Lochbihler ist Vorsitzende der örtlichen Kräuterfrauen. "Es gibt so viele Pflanzen, die keiner kennt", sagt sie. Sie sah die Chance, die hinter dem Prädikat steckt. Lange Jahre war sie sowieso im Tourismusverband "Tannheimer Tal" tätig. Gertrud Lochbihler: "Wir versprechen uns von dem Kräuterdorf auch eine Belebung des Tourismus."
Michael Keller als Geschäftsführer des Tourismus-Verbands nickt. Er glaubt, dass sich Jungholz mit diesem Thema "sehr gut positionieren" kann. Ist die kleine Gemeinde, die zum Tourismus-Verband des Tannheimer Tals gehört, damit ein Vorbild für andere Orte im Bundesland Tirol? Keller sieht die Chance. Aber er sagt auch: "Das Engagement muss vom Dorf selbst kommen." So wie in Stiefenhofen (bei Oberstaufen). Dieser Ort gilt als erstes Kräuterdorf im Allgäu. Jungholz, so die Aussage von Tilman Schlosser vom "Allgäuer Kräuterland", ist die Nummer zwei. In den Startlöchern stehen noch Ofterschwang und Niedersont- hofen. Eine "Inflation" an Kräuterdörfern befürchtet Schlosser indes nicht: "So bunt wie die Kräuterwelt, so bunt sind auch die Dörfer".
Der Kräuter-Fachmann freut sich, wenn ins grüne Allgäu ein wenig Farbe einzieht.

Was tun, ohne Schnee?
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Die Jungholzer feierten ihre neue "Kräuterwürde" mit einem fröhlichen Fest und einem Kräuter- und Handwerkermarkt. Ob handgeschnitzte Zwerge, selbst gemachtes Rosenblütengelee oder mundgeblasene Fische und irdene Schüsseln - die Auswahl war groß am Sonntag.
Bedingung: Etwas ausruhen
Zuvor hatte Pfarrer Donatus Wagner nach dem Gottesdienst in der vollbesetzten und mit Kräuterboschen geschmückten Jungholzer Kirche das Kräutertor gesegnet. Mit dem Adlerkopf erinnert das Portal nicht nur an das Tiroler Wappentier, sondern symbolisiert auch Kraft und Stärke. Zu Füßen der mächtigen Holzbalken des Kräutertors neben dem Dorfbach wachsen Kräuter, von der Bergminze bis zur Waldrebe.
Einzige Bedingung des Pfarrers für den Garten auf kirchlichem Grund: Im Sommer mag der Geistliche gern dort ausruhen.