Eisenberg (dm). 'Habt’sers scho ghört?' Andrea Nigg lacht. Bei ihr daheim hat sich der Maibaumverein Eisenberg in geselliger Runde um einen Tisch versammelt. Zumindest der harte Kern: Vorsitzender Harald Häfele, sein Stellvertreter Wolfgang Stapf, der Kletterer Ludwig Wechner, Andrea Nigg und ihr Vater Klement Nigg. 'Die Weißenseer wollen heute unsern Baum stehla. Ham se erst groß verkündet und it g’merkt, dass mir daneben gsessa sind', erzählt sie weiter. Die Runde lacht.
Zu diesem Zeitpunkt stand der 40 Meter hohe Baum nämlich noch im Wald, weder gefällt, noch sauber abgehobelt oder geschmückt. Das wurde in den vergangenen Tagen gemacht.
Geschichten zum Maibaum wissen die Eisenberger viele, vor allem Klement Nigg trumpft mit einer Anekdote nach der anderen auf. Bei bekannten Geschichten lacht die Truppe schon vor der Pointe. Man fühlt sich schnell aufgenommen in den Kreis.
Der bekannteste Brauch rund um den Maibaum ist natürlich das Stehlen. Klement Nigg erinnert sich an die Geschichte, als die Füssener ihren Baum einfach in die Kaserne gelegt haben und dann hat man ihn zweimal geklaut. Er kennt sich aber auch mit der Problematik des Stehlens aus. 'Sobald ein Dorfangehöriger die Hand auf den Maibaum legt, der gerade gestohlen wird, müssen die Diebe den Baum zurückgeben. Das ist ein schöner Brauch', sinniert er. Bekannt sind die Eisenberger aber wegen einer ganz anderen Aktion: dem Maibaumklettern. 'Des gibt es noch in Pfronten und in Petersthal', weiß Häfele. 'Sonst sind wir die Einzigen.' Seit wann es diesen Brauch gibt? Häfele runzelt die Stirn. Klement Nigg weiß Bescheid: Seit 1974. Damals wurde von der Allgäuer Zeitung der größte Maibaum gesucht. 150 Liter Bier waren der Preis. 'Eisenberg hat gewonnen. Ehrensache. Von dem Bier zehren wir heute noch', meint Nigg. Das Lachen bricht aus ihm heraus, die anderen Männer grölen mit. Andrea Nigg grinst nur: 'Männer!' scheint ihr Blick zu sagen. Seit diesem Wettbewerb jedenfalls gibt es das Klettern. Jedes Jahr nehmen mal mehr, mal weniger teil. Zum zweiten Mal gibt es in Eisenberg einen Übungsbaum. 'Ich glaub, viele haben sich ohne Übung nicht getraut. Es wurden immer weniger', erklärt Wolfgang Stapf. 'Auch ein schöner Brauch', findet Klement Nigg, 'da kommen die Jungen und Alten zusammen.'
Bevor es soweit ist, wird der Maibaum vorbereitet, die Kreuze mit den Tafeln und der Kranz mit den Girlanden werden hergerichtet. Aufgestellt wird das gute Stück, soweit er nicht gestohlen wurde, am 1. Mai mit dem Autokran in einem Turnus von vier Jahren. Stehen darf er dann bis zum Herbst, der Maibaum wird nämlich noch am selben Tag versteigert. Das Holz ist Qualitätsware und wird gerne gekauft. 'Je später, desto mehr bieten die Leut. Viele feiern nach dem Bewachen und dem Aufstellen ja kräftig', schmunzelt Nigg. Früher wurden zum Aufstellen die Junggesellen hergenommen, das wurde jetzt geändert. 'Helfen dürfen jetzt alle guten Männer', so Nigg.