Marktoberdorf | af | Selten zuvor gehörte der Rathaussaal zu den sichersten Orten im Landkreis. Überall Polizisten. Sie blickten jedoch nicht angespannt wie beim Staatsbesuch. Es war eine freundschaftliche Atmosphäre, die gestern Gerhard Kreis als Leiter der Polizeiinspektion Marktoberdorf in den Ruhestand begleitete. Als Nachfolger wurde dessen bisheriger Stellvertreter Alfred Immerz begrüßt.
So kam es, dass Polizeipräsident Hans-Jürgen Memel aus Kempten im Kreise der Führungskräfte aus dem Nähkästchen plauderte. Vom Opel Manta etwa, den Kreis bis zu dem Zeitpunkt besaß, als er in Flammen aufging. Oder davon, dass ihm in den Anfangsjahren einmal ein Straftäter durch die Lappen ging, weil der auf der Kurzstrecke schneller lief als Kreis und seine Kollegen.
44 Jahre lang stand der heute 61-Jährige im Dienst der Polizei, etliche Jahre davon als Ausbilder. Zusätzlich zur Tätigkeit in der Inspektion hatte er einen Lehrauftrag und war bis zum Schluss Prüfer in seinem Spezialgebiet Artenschutz- und Naturschutzrecht. Da könnten ihm nur wenige das Wasser reichen, sagte Memel. Auch bei Prüfungen gehörte er bayernweit immer zu den Besten.
Ein Kollege, so Memel, habe Kreis als Musterschüler beschrieben, neben dem man gern sitze, weil er einem nie etwas Falsches sage und der einen sogar mal abschreiben lasse. Er sei ein Vorbild.
Analyse, Bewertung, Konsequenz: Das sei stets Kreis Handeln gewesen. Dabei habe er an seine Mannschaft und sich eine hohe Messlatte angelegt. Das sei mit ein Grund, weshalb die Inspektion Marktoberdorf in der Region einen guten Namen besitze. Über 16 Jahre lang hatte er sie geführt, acht Jahre war er ihr stellvertretender Leiter.

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Sachverstand und Menschlichkeit
Alfred Immerz stellte Kreis hohen Sachverstand heraus und lobte dessen menschlichen Umgang. Er selbst wolle die bewährte und erfolgreiche Arbeit gemeinsam mit den Inspektionsangehörigen fortführen. Mit 51 Jahren übernimmt der Ebenhofener nun die Dienststelle, in der er vor 35 Jahren als Praktikant mit dem Polizeidienst begann.
Mit "Wehmut und Dankbarkeit" scheide er aus dem Dienst, bekannte Kreis. Nach der Schulzeit hatte sich der Burgauer für die Polizei entschieden, obwohl er dort "wie in keinem anderen Beruf mit der Schattenseite der Gesellschaft konfrontiert" wurde.
Er würzte seine Rede mit Humor, schlug aber ebenso ernste Töne an, als es vor allem um Opferschutz, Kinderfeindlichkeit und steigende Brutalität ging: "Die Verletzung gesellschaftlicher Normen ist die Verletzung der Gesellschaft an sich." Die Umweltzerstörung betrachte er mit Sorge. Ferner kritisierte er den Bürokratismus. Er beschwor die Loyalität, die keine Einbahnstraße sein dürfe, als Grundlage einer konstruktiven, gedeihlichen Zusammenarbeit.
Stellvertretend für alle Kollegen überreichte Albert Müller, der Allgäuer Kripochef, Kreis ein Paar Laufschuhe. Es wird etwas dauern, bis der Aitranger sie nutzen kann. Denn nach einem häuslichen Unfall mit einem Wirbelbruch als Folge muss er zuvor in eine Reha-Klinik.