Kempten (pa). - Wie schnell sich doch die Zeiten ändern! Das kann man in Kempten beispielsweise auch am Grundstücksmarkt beobachten. So hatte die Stadt, weil die Bewerber regelrecht Schlange standen, vor gut zwei Jahren erstmals bei der Vergabe von besonders attraktiven Bauplätzen am Franzosenbauer das Losverfahren angewandt. Doch wenn man heute nachfragt, was aus dem 'Wettrennen' geworden ist, stellt man fest: Gerade mal die Hälfte der Parzellen ist wirklich verkauft. Jedesmal, wenn Finanzreferent Helmut Mölle auf das Einnahmeloch im Stadtsäckel zu sprechen kommt, beklagt er auch die fehlenden drei Millionen Euro wegen 'nicht realisierter Grundstücksverkäufe'. Und damit sind, neben anderen Flächen, auf denen die Stadt bislang wider Erwarten sitzen geblieben ist, auch die sogenannten 'Filetgrundstücke' am Franzosenbauer gemeint. Über Jahrzehnte, so Mölle, sei die Grundstückspolitik der Stadt nach sozialen Gesichtspunkten ausgerichtet gewesen. Das sei zwar grundsätzlich in Ordnung gewesen, doch habe man dabei den Wunsch betuchterer Bauherren nach großzügig bemessenen Grundstücken vernachlässigt. Mit der Folge, dass viele Besserverdiener aufs Land gezogen seien. Was man, so der Kämmerer, 'auch an der negativen Entwicklung der Einkommensteuer sehen kann.' Um die Abwanderung ins Umland zu stoppen, hatte sich die Stadt auf die Suche nach attraktiven Baugrundstücken gemacht. Und war am Franzosenbauer in bester Lage fündig geworden: Aus einer öffentlichen Grünanlage wurden zehn Bauplätze. Die waren mit 770 bis 1120 Quadratmetern in der Tat großzügig bemessen. Und mit Quadratmeterpreisen bis zu 400 Euro auch nicht gerade billig. Trotzdem gab es, gerade für die teuersten Parzellen, so viele Interessenten, dass erstmals bei der Vergabe von städtischem Bauland in die Lostrommel gegriffen wurde. Dann allerdings strengte ein Nachbar ein Normenkontroll-Verfahren gegen den Bebauungsplan an. Das wurde zwar vom Gericht abgewiesen, aber bis dahin verstrich das Jahr 2001. Und genau diese Verzögerung durch den Rechtsstreit, meint Mölle, sei der Grund dafür, dass die einst so heiß begehrten Grundstücke erst zur Hälfte verkauft sind. Wegen des offenen Verfahrens hatten die Bauwerber sich nämlich mit ihrer endgültigen Unterschrift noch Zeit lassen können. Es stünden ja genug Ersatzkandidaten bereit, meinte man noch Mitte 2001 optimistisch.
Parzellen nicht zerstückeln Pustekuchen. Denn in die Zeit zwischen der Grundstückverlosung und dem Baurecht fiel der Absturz der Börse. Und das, ist der Kämmerer überzeugt, sei bei dieser Interessentengruppe ein wesentlicher Grund, dass einige absprangen und andere nicht nachrückten. Was also tun - die übrigen fünf Bauplätze zerstückeln und häppchenweise verkaufen? Nein, sagt Mölle: 'Irgendwann kommt die Nachfrage schon wieder.'