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Vom Leben in der Wohlfühlarena

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Vom Leben in der Wohlfühlarena

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    Von Silvia Reich-Recla Oberallgäu Machen es uns die Norweger vor? Die Bauern dort müssen ihre Ställe mit bequemen 'Matratzen' für die Kühe ausstatten (wir berichteten). 'Kein Grund für die Oberallgäuer Kühe neidisch zu werden', meint Rainer Hoffmann vom Amt für Landwirtschaft. 'Seit vielen Jahren schon ist bei uns Kuhkomfort ein Thema'. Dazu gehörten auch behagliche Liegeplätze für Zenzi, Berta und Anni mit dicker 'Matratze' aus Stroh und Sägespäne oder mit Gummimatte samt Einstreu. Keine Kuh liegt auf bloßem Betonboden, erläutert Hoffmans Kollege Hiemer. Jeder Kuh werde ein weiches Plätzchen geschaffen aus mindestens 20 Zentimeter Stroh und Holzspäne oder eben mittels 'Komfort-Matte'. Die würde einer Luftmatratze ähneln. 'Die Matratzen sind nicht billig, aber viele unserer Bauern kaufen sie trotzdem, ebenso weiche, elastische Gummimatten, die auf den Betonboden kommen.' So könnten die schweren Vierbeiner sicher laufen. 'Ähnlich wie auf einer Weide'.'Kühe geben mehr Milch, wenn sie behaglich liegen', so die Erfahrung von Jungbauer Florian Maucher aus Haldenwang-Straß. Schon allein deshalb sei 'Kuh-Komfort' in Allgäuer Ställen seit etlichen Jahren ein Thema. Das kann Günther Rehm vom Milchviehteam am Kemptener Landwirtschaftsamt nur bestätigen: 12 bis 14 Stunden verbrächten die Tiere täglich mit Dösen und Wiederkäuen, erklärt der Experte.

    Fressen, saufen, dösen Auch kurze Wege zum Fressen, Saufen und Melken gehörten zur Wohlfühlarena Stall. Und eben auch ein Schlafplatz, der Kopffreiheit gewährt. Warum Platz für den Kopf? Rehm erläutert, dass die Kuh, die ja immerhin mit 600 bis 700 Kilo kein Leichtgewicht ist, beim Aufstehen meist wegen ihrer Unbeweglichkeit ein festes Ritual einhält: 'Sie streckt den Kopf weit nach vorne und setzt dann zuerst die Hinterbeine auf.'Großzügig in der Länge seien die Liegeboxen deshalb meist bemessen. Genaue Reglementierungen gebe es zwar nicht. Im Stall selbst müssen aber jeder Kuh mindestens sechs Quadratmeter zur Verfügung stehen. In der Realität seien es meist einige Quadratmeter mehr, weiß Rehm. Denn in einer Kuhherde gebe es 'eine strikte Rangordnung'. Gut, wenn die Kühe sich da auch einmal aus dem Weg gehen können. Beispielsweise auch am Futterplatz. 'Rangniedere Kühe werden sonst nicht an den Trog gelassen', verdeutlicht Rehm. An heißen Tagen würden Milchkühe bis zu 150 Liter Wasser und fast 80 Kilo Gras verzehren. Da laufe der Stoffwechsel auf Hochtouren. 'Wie bei einem Leistungssportler', vergleicht Rehm. Deshalb bevorzugten Kühe kühlere Temperaturen, 'so um die null Grad'. Hitze im Sommer bekomme ihnen meist weniger gut. In modernen Laufställen würden im Sommer oft die Wände aufgemacht. 'Damit der Wind richtig durchpfeift.' Manch eine Kuh würde deshalb bei Hitze ihren gewohnten, kühlen Stall sogar dem Gang auf die saftige Weide vorziehen oder 'nur kurz nach draußen gehen'. Und manche Bauern, so weiß Hiemer, schicken ihre Tiere nur im kühleren Herbst auf die Weide. Das sei für die meisten Kühe dann fast 'wie in einem Erholungsheim', vergleicht der Mann vom Landwirtschaftsamt. Kollege Hoffmann beschreibt derweil augenzwinkernd den Tagesablauf des Viehs im Stall: 'Nach einer ruhigen Nacht erhebt sich die Kuh von ihrer weichen Matte, kämmt sich mit der automatischen Viehbürste, lässt sich dann vom Bauern melken und geht anschließend frühstücken, bevor sie sich wieder in ihrer Komfortbox fläzt, wiederkäut und döst.''Da muss man nicht nach Norwegen fahren, um Kuhkomfort zu lernen', meint Hiemer. 'Auch im Allgäu sind die meisten Kühe glücklich - und zwar schon lange.'

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