Bauen ist eine sensible Angelegenheit. In vielerlei Hinsicht. Und gerade auch dann, wenn es sich um ein bestehendes Wohngebiet handelt. «Man sollte die Umgebung akzeptieren, nicht ignorieren, und wenn man etwas Neues einbettet, sollte es das Alte ergänzen», sagt Marco Hippmann. Der 42-Jährige gehört zu der Sorte von Architekten, die auf Behutsamkeit setzen, die Augen offen halten für den zu bebauenden Ort und gleichzeitig die Ohren öffnen für die Wünsche der Bauherren. Gleich zwei renommierte Preise - den Baupreis Allgäu (2009) und den Thomas-Wechs-Preis (2010) - erhielt Hippmann für seinen umsichtigen und beeindruckenden Umbau eines Einfamilienhauses aus den 60er Jahren in Kempten.
«Dem Architekten ist es hervorragend gelungen, ein äußerlich ziemlich belangloses Haus durch Weiterbauen aufzuwerten», lobte beispielsweise die Jury des Thomas-Wechs-Preises. Wie war das aber vorher? «Ein unauffälliges, kleines Häuschen mit nur 100 Quadratmeter», erinnert sich Patricia Nikodem. Mit ihrem Mann Dr. Peter Nikodem hatte sie zwei Jahre lang in Kempten gezielt ein älteres Wohnhaus gesucht, das sich umbauen ließe. «Es sollte so alt sein, dass es nicht wehtut, wenn man etwas rausreißt und verändert», erzählt sie. Alt war es, das kleine Häuschen im Stadtteil Franzosenbauer. Zwei Jahre lang war es leer gestanden. Außen war es zugewachsen von Sträuchern und Bäumen und innen «richtig muffig», so Patricia Nikodem. «Der Grundriss hat uns sehr gut gefallen.». Allerdings: «Die Bausubstanz war teilweise in desolatem Zustand», sagt Hippmann.
Die Vorgaben der Bauherren waren eindeutig: «Wir wollten klare Formen, ein Haus ohne Schnickschnack. Helles Wohnen war uns wichtig», so Patricia Nikodem. Oben auf der Wunschliste war eine deutliche Vergrößerung der Wohnfläche. Am Ende gab es statt einer Aufstockung einen rund 80 Quadratmeter großen Anbau in dem Kinderzimmer, Schlafzimmer und Bad untergebracht sind. «Heute sind wir froh, dass wir uns für das ebenerdige Wohnen entschieden haben», so Nikodem.
Viel blieb nicht stehen von dem ursprünglichen Ziegelhaus: der Rohbau, Dachstuhl und der Kamin. «Sämtliche Fensteröffnungen haben wir aber beibehalten», sagt Hippmann, der raumhohe Verglasungen einsetzte und für ein gutes Raumklima Kalkputz verwendete.
Markant, skulptural (ohne Dachvorsprung) und einladend gibt sich das Haus von der geneigten Straßenseite her. Keine Mauer versperrt den Blick. Ein großzügig gestalteter quadratischer Flur empfängt den Besucher im klar strukturierten Innern. Auf herkömmliche Türen wurde verzichtet; für eine angenehme Helligkeit sorgen großzügige Fenster auf der Südseite, die auch einen Blick in die umliegenden, tiefer liegenden Nachbargärten gestatten.

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Auffallend auch die farbliche Reduktion auf Weiß, Beige- und Holztöne. Dass sich die Bauherren bezüglich der Bodenfließen für sandgestrahlten, gebürsteten «Jura Gelb» (beiger Kalkstein) entschieden, der früher in polierter Form gern für Fensterbänke verwendet wurde, bereitete dem Architekten zunächst Bauchgrimmen. Heute sieht er das anders. «Ich hätte nicht gedacht, dass er so toll wirkt.»
Mitarbeit bei Behnisch & Partner
Wie über den «Jura Gelb» wurde über viele andere Details ausgiebig diskutiert. Für Hippmann, der nach dem Studium sein Rüstzeug bei den Stuttgarter Büros «Behnisch & Partner» und Johannes Manderscheid erhielt, eine Selbstverständlichkeit, denn: «Die Bauherren müssen immer hinter der Sache stehen.» Dazu seien eben viele Gespräche nötig. Mal werde der eine überzeugt, mal der andere. Auch dies gehört zum «behutsamen Architekturkonzept» des Marco Hippmann.