Seit 14 Tagen ist der neue Gesundheitsfonds in Kraft (siehe Infokasten) und mit ihm ein neues Vergütungssystem für Ärzte. Bereits jetzt schlagen Mediziner im Oberallgäu Alarm, weil sie um ihre Existenz fürchten und die Versorgung der Patienten in Zukunft nicht mehr gewährleistet sehen. Laut Vertretern des Ärztenetzes Oberallgäu müssen Patienten sich darauf einstellen, deutlich länger auf einen Termin zu warten, vor Operationen erst mit der Krankenkasse zu verhandeln und in vielen Fällen vom niedergelassenen Mediziner ans Krankenhaus verwiesen zu werden. Auch in der Stadt Kempten geht es Fachärzten nach den Änderungen im Vergütungssystem laut Thomas Lorentz finanziell "erheblich schlechter" als noch im Vorjahr. Auch im Vergleich zu ihren Hausarztkollegen.
"Die leiden auch unter dem veränderten System, aber sie haben einen gewissen Ausgleich durch den Hausarztvertrag mit der AOK, den sie im vergangenen Jahr erstritten haben", gibt der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands Kempten zu. Hausärzte bekämen im Schnitt für die Behandlung eines Patienten jetzt statt 35 bis 40 Euro ungefähr 80 Euro. Nach Angaben des Ärztenetzes Oberallgäu sind die Honorare für Fachärzte dagegen um 30 bis 40 Prozent gesunken, wodurch besonders ambulante Operationen betroffen seien. "Das ist für uns eine existentielle Bedrohung", sagt Ärztenetz-Vorsitzender Dr. Andreas Hildebrandt. In Kempten betroffen von den gekürzten Honoraren sind unter anderem laut Lorentz Kinderärzte, Gynäkologen und Dermatologen. Und das, was die Vertreter des Ärztenetzes für Patienten befürchten, könne vom Prinzip her auch in der Stadt so eintreten.
Doch der niedergelassene Laborarzt vermutet: "Wahrscheinlicher ist es, dass die Fachärzte nach Aufbrauchen ihres Budgets ihre Praxen schließen."
Zu früh, um Bilanz zu ziehen
Über die Ankündigung von Gynäkologen, nur noch gegen Privatrechnungen zu behandeln, sagt der niedergelassene Laborarzt: "Das sind momentan nur Drohgebärden. Aber das kann sich jeden Tag ändern." Auf die Frage, ob der Ärztliche Kreisverband, der sich bei Versorgungsproblemen als Vermittler zwischen Ärzten und Patienten sieht, bereits mit mehr Beschwerden zu tun habe, sagt der 43-Jährige: "Hierzu ist es noch zu früh. Das Jahr ist erst 14 Tage alt. Bislang wurden mir gegenüber keine Beschwerden geäußert."
