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Vergessenen Memminger Kunstschreiner wiederentdeckt

Denkmaltag

Vergessenen Memminger Kunstschreiner wiederentdeckt

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    Vergessenen Memminger Kunstschreiner wiederentdeckt
    Vergessenen Memminger Kunstschreiner wiederentdeckt Foto: Antje Sonnleitner

    Der Tag des offenen Denkmals drehte sich heuer um den Werkstoff Holz, auch in Memmingen: Ein Holzkünstler, dem die zeitgenössische Aufmerksamkeit bislang unverdientermaßen verwehrt blieb, ist der aus einer traditionsreichen Memminger Schreinerfamilie stammende Kunstschreiner Leonhard Vogt, geboren 1837 und gestorben 1928 in Memmingen.

    Der Kunstgeschichtsstudent Andreas Schnurrenberger aus Memmingerberg entdeckte ihn dank eines Hinweises von Stadtarchivar Christoph Engelhard als Thema für seine Bachelorarbeit zur neugotischen Umgestaltung der Kinderlehrkirche. Dort erläuterte er vor insgesamt rund 100 Gästen am Denkmaltag vor dem von Vogt erbauten Altar das Werk und Wirken des Kunstschreiners, Altarbauers und Bildhauers, der auf der Großen Weltausstellung in Chicago 1893 mit einer Goldmedaille für einen neugotischen Altar ausgezeichnet wurde. Dieser Altar aus Eichen- und Lindenholz, der Szenen aus dem Leben Jesu und Figuren nach Entwürfen des Nürnberger Architekten J. M. Schmietz zeigt, ist heute in der evangelisch-lutherischen Kirche Sankt Mang in Kempten zu sehen.

    Die Kirchenausstattungen, die in Vogts 'Atelier für christliche Kunst' in der Hinteren Gerbergasse 13 ('Vogthaus') entstanden, prägen seit den 1880er Jahren entscheidend die protestantische Kirchenkunst Bayerisch-Schwabens. Die Herkunft der Werke ist durch Signaturen, Rechnungsbelege und Entwurfszeichnungen belegt, wie in Schnurrenbergers Präsentation mit Fotografien und Zeichnungen aus der Kunstschreinerei Vogt zu sehen war. Der Altar in der Kinderlehrkirche ist das erste nachweisbare Werk Vogts. Weitere Kirchenausstattungen entstanden für evangelisch-lutherische Gemeinden, die zum Herrschaftsgebiet der ehemals freien Reichsstadt Memmingen gehörten wie Woringen (1892), Frickenhausen (1893), Arlesried (1896) und Dickenreishausen (1898). Außerdem war Vogt für die Restaurierungsarbeiten am Chorgestühl der Martinskirche verantwortlich, das als reichstes Gestühl aus spätgotischer Zeit in Süddeutschland gilt.

    Mit Skulpturen geschmückt

    Die Besonderheit an den der Gotik nachempfundenen Altären Vogts ist, dass sie, ganz im Gegensatz zu der in seiner Epoche überwiegenden katholisch-romantischen nazarenischen Kunst, fast ausnahmslos mit Skulpturen geschmückt sind. Dies erhöht den sinnlichen Genuss der Betrachtung. Der Bekanntheitsgrad Vogts, der seinen Zeitgenossen durchaus ein Begriff war, litt darunter, dass die neugotische Kunst nach dem Ersten Weltkrieg nur noch wenig Ansehen genoss. Daher sind der Künstler und seine filigrane Kunst in keinem Lexikon erwähnt.

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