"Wir sind wütend und traurig", schimpfen Sonja Schrägle und Petra Rothert. Der Grund: Am 23. Dezember wurden an der Iller vermutlich zwei von neun zahmen Gänsen der Füssener Biologin und Buchautorin Angelika Hofer erschossen. Die "Gänsemutter" selbst ist ebenfalls empört: "Hoffentlich ist dem Täter jeder Bissen seines zähen Weihnachtsbratens im Hals steckengeblieben."
Was ist passiert? Seit 13 Jahren fliegen zwischen neun und zwölf Graugänse von ihrem Zuhause am Hopfensee bei der bekannten Gänsemutter Angelika Hofer zu ihrem Winterquartier an die Iller bei Graben. Der dann zugefrorene See zwingt sie, nach einer Alternative zu suchen. Direkt an der Iller wohnt Petra Rothert, die sich zusammen mit Sonja Schrägle aus Sulzberg in den kalten Monaten um die Tiere kümmert und mit Geflügelkörnern versorgt.
Am Tag vor dem Heiligen Abend schreckte Petra Rothert um sieben Uhr im Bett hoch, geweckt von lautem Gänsegeschrei. Eine knappe halbe Stunde später fielen drei Schüsse.
Fünf Tage lang blieben die Gänse verschwunden, scheu und verunsichert darüber, dass zwei von ihnen fehlten, wie Sonja Schrägle und Petra Rothert am Sonntag feststellen mussten. Für die beiden Frauen und Angelika Hofer ist klar: Die zwei Tiere, der 14 Jahre alte Felda und sein Weibchen, wurden erschossen und landeten mutmaßlich als Gänsebraten auf einem Tisch. Dass dieses Mahl geschmeckt haben könnte, glaubt Angelika Hofer nicht: "Eine 14 Jahre alte Gans kann man nicht mehr weich kriegen, die bleibt zäh."
Teil eines Forschungsprojekts

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Der Tod von Felda ist für die Gänsemutter auch deshalb besonders bedauerlich, weil er von der Vogelwarte Hippensee beringt und Teil eines Forschungsprojekts der Universität Rostock war. Dabei geht es darum, die Wanderungen von Graugänsen kennenzulernen und aufzuzeichnen. Felda war ein Sohn von Cleo, der ebenfalls an der Iller überwintert und schon mehrfach Schlagzeilen machte: Zum einen hat er nur einen halben Oberschnabel, zum anderen wurde er einmal von einer Tierfreundin "zwangsgerettet", die den vermeintlich abgemagerten Ganter zu Hause aufpäppeln wollte und ihm deshalb den rechten Flügel stutzte. Seine ganze Großfamilie überwintert alljährlich an der Iller, seit zu ihr eine einsame Graugans aus Kempten gestoßen ist. Dieses Tier, so vermutet Angelika Hofer, hat den anderen vor 13 Jahren den Weg dorthin gezeigt.
Schon einige Wochen vor dem "Jagdfrevel", wie Angelika Hofer findet, beobachtete ein Ehepaar ein Gummiboot mit zwei Männern mit Luftgewehren auf der Iller bei Graben. Die Spaziergänger informierten sie über das Winterquartier der zahmen Tiere und notierten sich das Kennzeichen des abgestellten Jeeps - allerdings ein falsches Kennzeichen, wie spätere Nachforschungen der Polizei ergaben.
Nicht nur um der zurückgeblieben und verstörten beiden Jungtiere des wohl getöteten Gänsepaars willen bedauern die "Pflegefrauen" den Vorfall. Als "Unverschämtheit" bezeichnet es Angelika Hofer auch, dass überhaupt in einem Gebiet geschossen wurde, das bewohnt ist und in dem Menschen spazieren gehen. Auch laut Auskunft der Unteren Jagdbehörde dürfe in solchen "befriedeten Bezirken" nicht gejagt werden - wobei zahme Gänse ohnehin kein jagdbares Wild seien.
Die drei Frauen hoffen auf Zeugen, die Beobachtungen gemacht haben könnten. Sie können sich melden unter 08376/1236 und 08362/38578.