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Venedig funkelt in feinen Farben

Kempten

Venedig funkelt in feinen Farben

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    Elegant balanciert der Strohhut eines Gondoliere mit rotem Flatterband auf dem Wirbelkasten am vordersten Kontrabass. Daneben ragt der stolze Bug einer venezianischen Gondel (in halber Originalgröße) vom Orchester aus bis an die ersten Zuhörer-Reihen. Weitere Publikums-Gruppen verteilen sich über das weite museale Grabungsfeld der Kleinen Thermen mit seinen Mäuerchen, Bruchsteinen und Höhlungen. Bizarr und einmalig ist diese Szenerie - bei halbtrockener Akustik durch die geriffelte Giebel-Überdachung wie geschaffen für ein Konzert zu Ehren der "Serenissima", der "allerdurchlauchtesten" Stadt Venedig, die auch bereits etwas Museales besitzt.

    Mary Ellen Kitchens hat für ihren Orchesterverein Kempten fünf Tondichter ausgewählt, die alle einen besonderen Bezug zu dieser musikträchtigen Lagunenstadt hatten: Antonio Vivaldi, Antonio Salieri, Alessandro Marcello und Ermanno Wolf-Ferrari sind in Venedig geboren, Richard Wagner ist dort gestorben.

    Stürmisch-bewegt eröffnet der Allegro-assai-Satz aus Salieris klassischer "Sinfonia Veneziana" den Konzertreigen. Dann tönt graziöser italienischer Barock mit Vivaldis D-Dur-Konzert aus dem Jahr 1711 durch die Grabungsstätte des Archäologischen Parks. Robert Denk, Cello-Stimmführer im Orchesterverein, meistert als Solist mit Bravour und gezügeltem Tempo die drei Sätze aus der Sammlung "LEstro Harmonico", der "harmonischen Laune".

    Gast-Solist Dieter Salewski spannt mit seiner Oboe weite, sangliche Bögen beim d-Moll-Konzert von Marcello (Vivaldis Zeitgenosse, der auch Maler, Dichter, Jurist und Politiker war).

    Wagners Leidenschaft

    Ein Zeitsprung von 150 Jahren entführt die Zuhörer in die Romantik: Richard Wagners "Siegfried-Idyll" verströmt sublimste Leidenschaft. Flöten, Hörner, Fagott und Trompete ergänzen jetzt effektreich die Streicher des Orchestervereins.

    Gebürtig nicht aus Venedig, sondern aus Sonthofen ist Beatrice Greisinger. Nach der Pause genießen die Zuhörer die prächtige Entfaltung ihrer Sopranstimme in der weiten Grabungs-Halle. Nicht zufällig hat Vivaldi seine Motette "In turbato mare irato" mit den Koloratur-Arien und dem Alleluja-Jubel für den Kirchenraum konzipiert.

    Statt Orgeltöne steuert Heike Glinka den Basso continuo auf dem Cembalo bei.

    Die "Suite Veneziana" von Ermanno Wolf-Ferrari aus dem Jahr 1935 beschließt den südländisch heißen Abend im APC. Wieder in voller Besetzung samt Bläsern erklingen diese vier moderneren, melancholischen Tonbilder, durchwirkt von spätromantischen und impressionistischen Stimmungen.

    Jedem Besucher dieses Konzerts ist am Ende klar: Venedig als Stadt mag dem Untergang geweiht sein - Musik, die an sie erinnert, wird leben.

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