Von Veronika Krull Sonthofen Rudolf Engelmayer ist ein Wiederholungstäter. Denn der Zahnarzt aus Sonthofen verbrachte bereits zum zweiten Mal einen Monat in Brasilien. Allerdings nicht, um sich dort auf die faule Haut zu legen, sondern, um etwas für andere zu tun: als Running Doctor in einem Dentomobil an einem Ort, wo noch nie zuvor ein Zahnmediziner tätig war. Mit Engelmayer reiste seine langjährige Helferin Lada Tigel. Die mobile Praxis ein Lkw mit Zeltaufbau stand mitten auf dem Dorfplatz von Malhadas, einer Ansiedlung im Nordosten Basiliens. Wobei die Bezeichnung Dorf für ein Gebiet so groß wie ganz Schwaben etwas ungewöhnlich klingt. Es liegt in Bahia, das ungefähr so groß wie Deutschland ist und als einer der ärmsten Bundesstaaten Brasiliens gilt, berichtet Engelmayer. Zwar hat inzwischen jeder Dorfbewohner eine Zahnbürste, aber einen Besuch beim Zahnarzt, der in 20 Kilometern Entfernung praktiziert, kann sich niemand leisten. Denn eine Krankenversicherung gibt es nicht. Entsprechend groß war das Interesse, als das Dentomobil anrollte. Das Fahrzeug wurde von der Aktionsgemeinschaft Zahnarzthilfe Brasilien (AZB) in Karlsruhe gekauft und als rollende Zahnarztpraxis ausgestattet. Über die AZB kam auch Engelmayer an seinen Auftrag. Die Arbeitsbedingungen, erzählen der 44-Jährige und die zehn Jahre jüngere Zahnarzthelferin Lada Tigel, waren nicht ganz einfach. Am meisten machte den beiden das tropische Klima zu schaffen, mit Tagestemperaturen um 36 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent so, als wenn man den ganzen Tag in der Sauna sitzt. Hinter den dicken Zeltwänden staute sich die Hitze und der Schweiß brach dem Duo zusätzlich aus den Poren, wenn mal wieder ein technisches Gerät schlappmachte.
Man muss auch Mechaniker sein, erkannte Engelmayer schon bald und lernte zu improvisieren: Als einmal ein Druckluftschlauch mit einem Riesenzisch platzte, umwickelte er das Loch kurzerhand erst einmal mit einem Faden, bis er ein Ersatzteil aus der Hauptstadt besorgen konnte. Und das Wasser zur Bohrerkühlung und Spülung stammte aus dem Nachbarhaus. Um die 500 Patienten hat das Sonthofer Team in den vier Wochen kostenlos behandelt, am Tag zwischen 8 und 17 Uhr rund 25 vor allem junge Leute. Die Älteren, so Engelmayer, haben häufig keine Zähne mehr. Teilweise von weit her kamen die Dorfbewohner und warteten geduldig oft sogar Tage ohne zu klagen. Hauptproblem ist Karies: Coca Cola und Chips gibts in jedem Winkel der Erde. Also wurden Füllungen gefertigt oder Zähne gezogen. Das Material muss übrigens jeder Zahnarzt selber mitbringen, auch Flug und Unterkunft müssen aus eigener Tasche finanziert werden. Ein Knochenjob, für den man auch noch bezahlen muss: Warum macht man das? Um etwas Anderes, Sinnvolles zu tun, meint Rudolf Engelmayer. Um Land und Leute intensiv zu erleben, ergänzt Lada Tigel, die gebürtige Tschechin, die eigens für die Arbeit in Brasilien Portugiesisch lernte. Und um in den lockeren, fröhlichen, brasilianischen Lebensstil einzutauchen, fügt der Zahnarzt hinzu. Noch heute freut er sich über die Dankbarkeit seiner Patienten, die sich mit einem Lächeln, einem Gebet oder köstlichen exotischen Früchten erkenntlich zeigten, mit Papayas, Mangos oder auch einer Stinkfrucht. Riecht wie reifer Romadur, schmeckt wie Ananas, lächelt Lada, die wie ihr Chef in zwei Jahren wieder nach Brasilien will. Aber nicht, um sich dort auf die faule Haut zu legen