Artikel: Unterallgäuer besucht Elite-Akademie

26. Dezember 2002 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Der 24-jährige Martin Gneiser aus Egg gehört zu den Top-Nachwuchskräften

Egg(bil). - Die Stimme am anderen Ende der Telefonleitung ist freundlich und verbindlich. 'Einen wunderschönen guten Morgen', flötet ein junger Mann. Der Tonfall erinnert an einen Marketing-Experten oder Callcenter-Mitarbeiter. Martin Gneiser ist keines von beidem. Er ist Student. Und was für einer. Der 24-jährige Mann aus Egg an der Günz gehört zum erlauchten Kreis derer, die heuer die bayerische Eliteakademie beendet haben. Sie haben in Seminaren, bei einer Projektarbeit, durch einen Mentor und durch Auslandspraktika eine Spezialausbildung genossen.

180 Bewerber Um in die Elite-Akademie aufgenommen zu werden, musste er sich unter die besten 30 von insgesamt 180 Studenten kämpfen. 'Voraussetzung waren eine überdurchschnittliche Note im Vordiplom, Englischkenntnisse und soziales Engagement', erzählt der 24-Jährige Unterallgäuer, dessen Vater die Memminger Fachober- und Johann-Bierwirth-Schule leitet. Zusammen mit zwei Gutachten seiner Professoren und einem Essay über den Einfluss, den Studenten auf die Universitäten ausüben können, schickte Gneiser die Unterlagen nach München - und wurde prompt zur zweiten Runde eingeladen. Von Freitagabend bis Sonntagnachmittag musste er sich dann einem Auswahlverfahren stellen. Das war, wie er berichtet, gar nicht so schlimm, wie man es sich landläufig vorstellt. Käsige Stubenhocker, die ihre Nase tagein, tagaus nur in Büchern vergraben, hatten dort keine Chance. 'Die fachlichen Grundlagen mussten zwar stimmen, hauptsächlich waren aber Soft Skills gefragt', erzählt der junge Mann. Die Fähigkeit, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten, auf sie zuzugehen und Lösungen im Team zu erarbeiten, war also wichtiger als pures Faktenwissen. Anfangs, erinnert er sich, war er noch skeptisch, dass in der Gruppe Machtkämpfe ausgetragen würden. 'Im Nachhinein wundert es mich, dass ich jemals so gedacht habe', sagt er. Offenbar ist er dem selben Vorurteil erlegen, das seiner Meinung nach in unserem Land viele Menschen befällt. 'Elite ist in Deutschland ein negativ besetztes Wort.'

Am Wochenende zur Freundin Doch Martin Gneiser tut als Person einiges dafür, dass sich diese Auffassung ändert. Unter der Woche geht er in Augsburg, wo er Montag bis Freitag wohnt, im Schnitt jeden zweiten Tag weg - 'einmal pro Woche auch gescheit, nicht nur bis 24 Uhr'. Neben dem Studium engagiert er sich in der Katholischen Hochschulgemeinde und spielt regelmäßig Frisbee. Aber am Wochenende fährt der Betriebswirtschafts-Student immer nach Hause ins Allgäu. Nicht nur, weil er jeden Freitag im Memminger Vocalensemble singt, sondern vor allem, weil hier seine Freundin wohnt.

Mensch bleibt Mensch Auf die Frage, was für ihn das Schönste an der Elite-Akademie war, nennt er nicht die Karrierechancen, die sich ihm bieten, wenn er in einem Jahr sein Studium beenden wird. 'Das schönste war, neue Freunde kennenzulernen, den Horizont zu erweitern und Führungskräften zu begegnen.' Die, weiß Gneiser jetzt aus eigener Anschauung, sind trotz aller Professionalität auch nur Menschen.