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Und nach der Durststrecke?

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Und nach der Durststrecke?

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    Warum die Firma Götzfried aus dem Baugeschäft aussteigt Untergermaringen (avu). Insolvenzen haben derzeit Konjunktur. Es gibt aber auch Unternehmer, die den 'schmerzenden Schnitt' bereits vor dem Gang zum Amtsgericht machen. Einer von ihnen ist der Bauunternehmer Walter Götzfried in Untergermaringen, der dem Baugeschäft den Rücken kehrt. 'Es gibt derzeit einfach keine Perspektive', so der Unternehmer.

    Die Firma Götzfried ist ein Untergermaringer Traditionsunternehmen. Walter Götzfried (44) hatte den Betrieb Mitte der 80er-Jahre vom Großvater übernommen. 'Damals war die Landwirtschaft noch ein großer Auftraggeber', erinnert sich der Geschäftsmann. Besonders der Stall- und Hallenbau bot den mittelständischen und kleinen Baufirmen in der Region eine gute Auftragslage. Mit Beginn der 90er-Jahre kam für den Betrieb der Wohnungsbau als Schwerpunkt dazu. 1996/97 sei dann der 'Einbruch' gekommen, so Götzfried. Auch die Landwirtschaft kränkelte immer stärker, viele Bauern setzten in der Folge auf Eigenleistungen oder die Hilfe der Maschinenringe. Unternehmen wie die Firma Götzfried standen am Beginn einer Durststrecke. Für Walter Götzfried endet sie mit der Entscheidung, einen 'Schnitt' zu machen und dem Baugeschäft den Rücken zu kehren. Für 25 Facharbeiter und Helfer bedeutete das die Suche nach einem neuen Job.

    Wie die meisten Kollegen der Branche, die in der letzten Zeit freilich mit einem Insolvenzverfahren der schlechten Konjunktur oder den Zeichen der Zeit Tribut zollen mussten, schmerzt Götzfried der Verlust des 'Familienwerkes'. Den schweren Schritt habe er aber nicht bereut. 'Die Lage auf dem Bau- und Immobilienmarkt hat sich derart dramatisiert, dass ein geordneter Geschäftsablauf überhaupt nicht mehr möglich ist.' Die Größe des Betriebes spiele da nur eine untergeordnete Rolle.

    Für den Entschluss habe es kein Schlüsselerlebnis gegeben, so Götzfried. Eher war es ein Prozess, in dem die Erkenntnis reifte, selbst die Entscheidung zu treffen, bevor sie einem aus der Hand genommen wird. Im Frühjahr 2001 war eine Unternehmensberatung im Haus. 'Damals stellte sich heraus, dass bereits im Jahr davor zu jeder geleisteten Arbeitsstunde zehn Mark dazugezahlt wurde', erinnert sich Götzfried. Für die Mitarbeiter und ihn half es dann auch nicht mehr, den Gürtel enger zu schnallen.

    Götzfried frustriert vor allem die fehlende Perspektive in der Baubranche. 'Keiner weiß, wie lange die Durststrecke anhält', sagt er. 'Und was danach kommt, weiß auch niemand.' Schon heute gebe es auf fast jeder Baustelle Arbeiter aus Osteuropa, die viel billiger arbeiten, behauptet er. Das werde mit der geplanten Osterweiterung der EU zunehmen. 'Aber dort wird man niemals westliche Löhne zahlen können.'

    Zitat Derzeit heißt es für die Baubetriebe: Wer hat den längsten Atem? Aber was danach kommt, weiß doch auch niemand.}Bauunternehmer Walter Götzfried

    Götzfried kritisiert die Politik und Bauherren, die immer billiger bauen wollen. Als Beispiel nennt er den AOK-Neubau in Kaufbeuren. Die Bauausschreibungen würden den Einsatz von osteuropäischen Arbeitern geradezu erzwingen. Götzfried: 'Wer zahlt denn die Kassenbeiträge: die deutschen Arbeiter oder die osteuropäischen?'

    Im Lauf des Jahres wird Walter Götzfried die restlichen Aufträge abwickeln. Ansonsten kehrt Ruhe ein in den Betrieb am Rande der Ortschaft Untergermaringen. 'Ich werde jetzt Pächter für das Bürogebäude und die Hallen suchen', so Götzfried. 'Das hat Zeit.' Die Frage nach seiner Zukunft lässt der Firmenchef offen. Eines schließt er aber 'mit ziemlicher Sicherheit' aus: den Wiedereinstieg ins Baugeschäft.

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