Fast zwei Dutzend Schalke-Fans aus dem Allgäu erleben furioses Pokal-Finale in Berlin. Von unserem Redaktionsmitglied Andreas Filke Marktoberdorf/Berlin Woran erkennt man einen Schalke-Fan, der das Endspiel um den DFB-Pokal in Berlin miterlebte? Ganz einfach: Er ist immer noch heiser und der Geldbeutel leer. Denn an Tagen, an denen German Open der Tennis-Frauen, internationale Luft- und Raumfahrtausstellung und das Pokalfinale im Fußball zusammentreffen, sind Quartiere in der Hauptstadt rar und teuer. Wer dafür allerdings mit einem Sieg 'seines' Vereins und einem von Pokalgewinner Mike Büskens persönlich serviertem Bier entschädigt wird, den reut nichts. Aber der Reihe nach:Schon vor dem Halbfinale gegen Bayern München hatte Thomas Müller vom Marktoberdorfer Schalke-Fanclub Ostallgäu bekundet: 'Berlin war toll, da würde ich gern wieder hin.' Tatsächlich ging sein Wunsch nach in Erfüllung. Weil diesmal die Karten nicht ausschließlich an Mitglieder und Dauerkarten-Inhaber, sondern vor allem an die Fanclubs vergeben wurden, kamen mehr 'Eingefleischte' in den Genuss des Finales. Knapp zwei Dutzend Allgäuer neben den Ostallgäuern auch die Allgäu-Schalker und der Fanclub aus Neugablonz machten sich auf den Weg. 700 Kilometer für eine Strecke, das entlockte vielen anderen ein 'Respekt'. Schon lange vor dem Anpfiff trafen sich Fans beider Mannschaften nach einem Kulturprogramm mit Schloss Sanssouci, Reichstag und Sony-Center vor dem Europacenter und am Kurfürstendamm. Gemeinsam stimmten sie sich friedlich auf das Spiel der Spiele ein, wobei die Schalker wie später im Olympiastadion eindeutig die Oberhand besaßen. Noch, denn nach dem unverhofften 1:0 für die Toppmöller-Elf herrschte Ruhe im weiten Rund. Erst nach dem 1:1 gab es kein Halten mehr. Ausgerechnet Jörg Böhme hatte für den Ausgleich gesorgt, jener Böhme, der nicht für die Weltmeisterschaft berücksichtigt wurde. Nach dessen Tor entluden sich die Emotionen: 'Rudi Völler, hast du das geseh\'n?', riefen die Fans. Hat er wohl, aber im Sinne der Schalker reagiert hat er noch nicht.
Thekenrunde mit den Profis Obwohl sie alle Sitzplatz gebucht hatten, hielt es von nun an niemanden mehr auf den Bänken. 2:1, 3:1 für den Gelsenkirchener Traditionsverein, später 4:1 da trug selbst der Berliner Himmel blau-weiß, nachdem es am Nachmittag kräftig gewittert hatte. Sogar das zweite Leverkusener Tor ließ sich verkraften. Zuschauer und Spieler feierten noch Stunden erst im Stadion, dann vor und im Steigenberger-Hotel, wo die 'Knappen'-Elf abgestiegen war. War für die Allgäuer der Sieg schon Höhepunkt genug, kam es noch besser: 'Wir standen in einer kleinen Gruppe im Foyer, als uns Mike Büskens sah', sagt Müller. Der Spieler ging an die Bar, kredenzte den Fans fünf Pils und stieß mit ihnen an. 'Das war ein Highlight.' Später tanzte Jiri Nemec mitsamt Pokal an ihnen vorbei und an der Theke ergaben sich Gespräche mit Youri Mulder und Nils Oude Kamphuis. Zu der Zeit lagen die jungen Marktoberdorfer Fans Yannick (9) und Alexander (12) schon längst im Bett und träumten seelig in ihren Trikots vom Pokalsieg. Sogar Trophäen hatten sie gesammelt: eine große Leverkusener Winke-Hand und einen Schal. Klar, dass sie Bayer nach diesen Geschenken nun im Champions-League-Finale fest die Daumen drücken. 'Das ist Ehrensache für die Schalker', unterstreicht auch Thomas Müller, 'denn so ein Frust in wenigen Tagen, das tut einem leid.' Dem Vier-Minuten-Meister Schalke 04 erging es bekanntlich letztes Jahr ähnlich, nur gab es damals den DFB-Pokal als schönes Trostpflaster. Aber so laut wie in Berlin werden die Schalke-Fans am Mittwoch nicht singen, das machen die Stimmbänder einfach nicht mehr mit.