Dieses Thema ist sozusagen der Dauerbrenner der Stadtgeschichte. Schließlich waren schon die Kemptener der Antike zu der Erkenntnis gelangt, dass gelegentlich dringende Bedürfnisse nur allzu menschlich sind. In den Kleinen Thermen entstanden deshalb mit den altrömischen Latrinen die ersten öffentlichen Toiletten der Stadt.
Zwar sind seither gut 2000 Jahre vergangen, unter dem "Forum" versteht der moderne Kemptener etwas völlig anderes als einen Platz auf dem Lindenberg und einen Kaiser gibt es höchstens im Fußball. Weil es um die Örtchen in Kempten aber trotzdem nie still geworden ist, beschäftigte das Thema nun einmal mehr den Finanzausschuss. Dieser beschloss, das seit zwei Jahren laufende Biesel-Projekt "Nette Toilette" fortzusetzen. Eingedenk der altrömischen Weisheit vom Geld und dem Geruch (für Fans im Original: pecunia non olet), erhalten die Gastronomen einen Obolus, wenn Fremde ihre Toiletten nutzen dürfen.
Mit zehn "Netten Toiletten" vom Steufzgen bis hin zum Stiftsplatz war das Projekt 2008 an den Start gegangen. Ein Café hat seither zugemacht, dafür sind mit dem Klecks und der Gaststätte am TVK-Sportgelände zwei neue hinzugekommen, so Dr. Richard Schießl. Sein Amt für Wirtschaft und Stadtentwicklung ist zuständig für dieses spezielle Bedürfnis von Kemptenern und Touristen.
Da es in der direkten Innenstadt nur drei öffentlichen Toilettenanlagen gibt (im Zumsteingarten, bei der Stadtverwaltung und am Parkhaus Königstraße), war da Projekt sozusagen - pardon - aus der Not(durft) heraus entstanden.
"Eine wirklich vernünftige Idee", findet Rüdiger Preschl, der in seiner Gaststätte Storchennest solch eine "nette" Toilette bereithält. Zu erkennen am roten Aufkleber, von dem freundlich ein Gesicht mit "00"-Augen lächelt.
Zwar durften bei ihm schon immer auch Nichtgäste das WC nutzen - "aber so zeigt man gleich, dass man dafür hier nicht blöd angeschaut wird". Denn viele hätten Hemmungen, in einem Lokal nach der Toilette zu fragen. Deshalb zieht Preschl eine positive Bilanz der "Netten Toilette". Wenn auch das Geld der Stadt die Kosten für Wasser und Papier nicht aufwiege.
Je nach "Besucheraufkommen" zahlt die Stadt den Gastronomen 30 bis 80 Euro im Monat, so Schießl. Wobei es, so stellte CSU-Stadtrat Erwin Hagenmaier fest, derzeit eine eindeutige Versorgungslücke rund ums Rathaus gebe. Vor allem bei Veranstaltungen wie Stadt- und Altstadtfest. Immerhin schließen die Klos an der Verwaltung bereits um 21 Uhr. "Da sind wir bereits dran", meinte Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer.
Zudem sei das Projekt nicht bekannt genug. Alexander Hold (Freie Wähler) bezweifelte, dass der in einer 2000-Stück-Auflage gedruckte Flyer das "richtige Werkzeug" sei. Wer habe im Falle des Falles schon eine Broschüre zur Hand?
Lautstark trommeln für die stillen Örtchen - Vorbild könnten da wiederum die alten Römer sein. Aus Pompeji ist folgender Werbespruch überliefert: "Cacator cave malum! Aut si contempseris, habeas Jovem iratum!" - "Hüte dich, auf die Straße zu kacken! Sonst wird dich Jupiters Zorn treffen!" (sh)