Kempten(sh). - Sie arbeitete Vollzeit in einem Handy-Laden - kassierte aber auch Arbeitslosenhilfe und Krankengeld. Über Jahre. Deshalb wurde eine 38 Jahre alte Frau nun vom Kemptener Amtsgericht zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der Prozess war allerdings nur Auftakt zu weiteren Verhandlungen. So wird sich schon bald das Unternehmer-Ehepaar vor Gericht verantworten müssen, das nicht nur die 38-Jährige, sondern auch 19 weitere Mitarbeiter illegal beschäftigt hatte. Wie berichtet, war vor wenigen Monaten aufgeflogen, was sich jahrelang in den vier Allgäuer Filialen des Fachhandels-Unternehmens abgespielt hatte: Die 20 Mitarbeiter des Unternehmens hatten nicht nur schwarz ihren Lohn erhalten, sondern teilweise auch noch Arbeitslosenhilfe, Krankengeld oder Sozialhilfe. Etwa ein Jahr lang hatten in diesem Fall die Ermittlungen der Kemptener Stelle zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung gedauert. Schon damals hatte es den Verdacht gegeben, dass das Unternehmer-Ehepaar die Mitarbeiter gezielt aufgefordert hatte, sich arbeitslos zu melden. Das bestätigte nun auch die 38-jährige, ehemalige Mitarbeiterin des Handy-Ladens bei der Verhandlung in Kempten: 'Es war immer klar, dass außer dem Lohn von 12 Mark die Stunde keine Kosten durch mich entstehen dürfen', erzählte sie. Denn für Arbeitslose zahlt das Arbeitsamt beispielsweise die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung.
Lohn subventioniert Immer wieder gab die Frau deshalb an, arbeitslos zu sein - sowohl Arbeitslosenhilfe als auch Krankengeld wurden ihr ausgezahlt. Dazu kam der Arbeitslohn, abgabenfrei auf die Hand. Allein durch den nicht gezahlten Arbeitnehmer-Anteil entstand für die Sozialversicherung ein Schaden von über 5000 Euro. Einige Zeit später brachte dann ein Arbeitsamts-Mitarbeiter unabsichtlich eine Idee auf, durch die das Arbeitsamt erneut um mehr als 10000 Euro geprellt wurde: Der Mitarbeiter schlug der Frau vor, ihren Arbeitslohn bei einer Festanstellung subventionieren zu lassen. Das Projekt soll Arbeitgeber animieren, Langzeitarbeitslose einzustellen. 'Mein Chef willigte sofort ein, ich bekam einen festen Vertrag', so die 38-Jährige. Dass sie gar nicht berechtigt war, an dem Projekt teilzunehmen, habe sie gewusst. Aber nicht, dass das Arbeitsamt rund 10000 Euro direkt an ihren Chef zahlte. Sie habe gedacht, dass dem Arbeitgeber nur die Kosten für Sozialversicherung und Krankenkasse erstattet würden.
Umfassendes Geständnis Nach dem umfassenden Geständnis der Angeklagten plädierten schließlich sowohl Staatsanwalt als auch Verteidigung auf ein Jahr Haft auf Bewährung. Das Gericht blieb mit den verhängten acht Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden, deutlich darunter. Schon bald sollen nun auch die früheren Arbeitgeber der Frau in Kempten vor Gericht stehen. Um insgesamt 100000 Euro sollen der 55 Jahre alte Mann und seine 44-jährige Frau Fiskus und Bundesanstalt für Arbeit betrogen haben.