Kempten | bil | Krebs. Für viele Menschen bedeutet diese Diagnose zunächst Angst um das eigene Leben. Dann kommt oft die Angst, vielleicht niemals eine Familie gründen zu können. Diese Sorge will das Klinikum Kempten-Oberallgäu erheblich verringern. Ab Januar werde es möglich sein, Krebspatienten gesundes Gebärmutter- beziehungsweise Hodenmaterial zu entnehmen und einzufrieren, kündigten Gynäkologie-Chefarzt Prof. Dr. Ricardo Felberbaum und Geschäftsführer Michael Schuler gestern an. Ziel der Gewebe-Entnahme: Krebspatienten den Kinderwunsch zu ermöglichen.
l Die Ausgangslage: Die Lebenserwartung für Krebspatienten ist laut Felberbaum in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Viele Patientinnen und Patienten könne man inzwischen heilen. Operation, Bestrahlung und vor allem Chemo-Therapie hätten aber oft zur Folge, dass die Patienten steril werden, also keine Kinder mehr bekommen können, erklärt der Gynäkologe. Zugleich werden seinen Angaben zufolge die Krebspatienten immer jünger. 'Der Wunsch steigt, nach einer Krebstherapie noch Vater oder Mutter zu werden', hat der Chefarzt beobachtet.
l Stand der Forschung: Bei Männern ist es laut Felberbaum in den USA schon gang und gäbe, Samenzellen zu entnehmen und einzufrieren. Mit Hilfe der Fruchtbarkeitsmedizin könne diesen Patienten der Kinderwunsch oft erfüllt werden. Erkrankten Frauen, die nach der Krebstherapie steril sind, zur Schwangerschaft zu verhelfen - das sei wesentlich schwieriger. Bei drei Krebspatientinnen sei das schon geglückt. Der Chef-Gynäkologe schätzt, dass es aber nur eine Frage der Zeit ist, bis mehr Frauen nach der Krebsbehandlung noch Mutter werden können. Bisher könne man ihnen aber nur Gewebe entnehmen und einfrieren, bis die anschließende Fruchtbarkeits-Therapie medizinisch ausgereift ist.
l Die Neuerung: Im Klinikum Kempten-Oberallgäu soll ab Januar der Experte Edmund Kreuzer krebskranken Patienten zum Kinderwunsch verhelfen. 'Er ist einer der erfahrensten Reproduktionsbiologen Deutschlands', unterstreicht Felberbaum. Die Kosten würden von Krankenkassen teils übernommen.
Gynäkologische Krebsspezialisten aus ganz Deutschland tagen am kommenden Samstag in Kempten. Er werden 150 teils hochkarätige Teilnehmer erwartet.