Immer wieder kommt es vor, dass Fußgänger, Radfahrer und auch Autofahrer an Bahnübergängen keine Geduld zeigen. Schließt die Schranke, bleibt sie meiste nur kurze Zeit geschlossen - teilweise aber auch mehrere Minuten. Sollten die geschlossenen Schranken dann umfahren werden oder Fußgänger unter Ihnen hindurch steigen, besteht Lebensgefahr.
Keine Geduld
Unfälle an einem geschlossenen oder unbeschrankten Bahnübergang enden meist tödlich. Nur in seltenen Fällen wird ein Unfall überlebt. Ein gutes Beispiel für einen lange geschlossenen Bahnübergang ist Blaichach. Immer wieder sieht man wie Fußgänger, Radfahrer und auch Autofahrer keinen Geduld haben und den Bahnübergang trotz geschlossener Schranken überqueren. Damit am Bahnhof keiner die Gleise mehr überschreiten kann, wurde extra ein Zaun zwischen die beiden Gleise gesetzt. Wir haben zu den Gefahren und auch den Strafen ein Interview mit Frank Weberstetter, Polizeioberkommissar bei der Bundespolizei in Kempten geführt.Kommt es häufig vor, dass Fußgänger und auch Radfahrer durch eine geschlossene Schranken "rennen"?Frank Weberstetter:Ja leider! Auch ist hier das gesamte Altersspektrum vertreten. Von Jung bis Alt ignorieren die Menschen immer wieder die ihnen bekannten Sicherheitsregeln und werden dadurch auch oft unbewusst zum schlechten Vorbild für andere.
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Wie gefährlich ist so ein unterfangen?Frank Weberstetter: Lebensgefährlich! Gott sei Dank kommt es zu schweren bis tödlichen Unfällen nur selten. Doch jeder Einzelne ist einer zu viel. Die Tragik, die mit so einem schweren Unfall einhergeht, könnte so einfach vermieden werden. Wie auch in vielen anderen Lebensbereichen unterschätzt der Mensch die ihm bekannte Gefahr und meint, sie im Griff zu haben. Die Realität beweist aber, dass sich das Blatt auch wenden kann, sodass die Gefahr einen im Griff hat.
Wie häufig kommt sowas im Allgäu vor?Frank Weberstetter: Hierzu habe ich keine Statistik. Jedoch zeigen die Hinweise und Meldungen von Bahnpersonal und Bürgern, dass das Phänomen ständig präsent ist. Erst vor einigen Wochen führten wir aufgrund von solchen Hinweisen eine intensivere Überwachung im Bereich des Bahnhofs Bad Grönenbach durch. Hier handelte es sich zwar nicht um einen Bahnübergang, sondern um eine freie Bahnstrecke, was aber nicht weniger lebensgefährlich ist. Beschäftigte, welche im angrenzenden Industriegebiet tätig sind, wollten sich den Umweg über den Bahnübergang sparen und kürzten darum direkt über die Bahngleise ab. Bei einer neulich durch die Bundespolizeiinspektion Kempten durchgeführten Präventionsaktion stellte sich leider heraus, dass es doch noch uneinsichtige Menschen gibt: Einige der Betroffenen sahen ihr Fehlverhalten nicht ein und meinten, die Polizei würde übertreiben.
Warum kommt es immer wieder vor, dass Fußgänger und Radfahrer die geschlossene Schranke umgehen?Frank Weberstetter: Hier kann ich mich kurzfassen und konkret werden. Gründe sind Eile, Ablenkung – zum Beispiel durch Handy, Mutproben und schlechte Vorbilder. So irre es klingt, hört man manchmal auch: "Ich habe keinen Bock zu warten."
Ist so eine Aktion strafbar?Frank Weberstetter: Es stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Wer als nicht-motorisierter Verkehrsteilnehmer bei geschlossener Schranke den Bahnübergang überquert, riskiert aber nicht nur ein Bußgeld von 350 Euro, sondern vor allem sein Leben. Wer dabei nicht nur sich selbst, sondern andere gefährdet – zum Beispiel indem er eine Zug-Notbremsung verursacht – muss sich sogar wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr verantworten. Und das ist eine Straftat.
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Es kommt häufig vor, dass Schranken sehr lange geschlossen sind und kein Zug kommt. Warum schließen die Schranken schon so viel vorher?Frank Weberstetter: Das mag für den Wartenden oft eine Geduldsprobe darstellen, gerade wenn er es eilig hat. Die Schließzeiten von technischen Anlagen wie Schranken oder die Betriebszeiten von Rotlichtanlagen richten sich nach den betrieblichen Bedürfnissen und Gegebenheiten sowie den Sicherheitserfordernissen des Eisenbahnbetreibers. Sie hängen zudem von der jeweiligen Sicherungstechnik ab. Sicherheit geht vor, deswegen müssen die Eile der Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr hier zurückstehen.
Was Sie noch loswerden möchten…Frank Weberstetter: Ich persönlich bin dienstlich viel in Sachen Bahnverkehrsprävention unterwegs und erlebe erschreckend oft keine Unwissenheit, sondern eine Gleichgültigkeit und Überheblichkeit gegenüber den Gefahren an Bahnanlagen. Ich appelliere an eine gute Vorbildfunktion und auch an zivilcouragiertes Handeln, bei der man im Rahmen der eigenen Sicherheit gefährliches Verhalten an Bahnanlagen ansprechen könnte. Schützen Sie Ihr Leben und das der anderen – es ist so einfach …