Von Jürgen Stöcker, Bezirk Reutte/Tirol - Bei den gestrigen Kommunalwahlen in Tirol verfehlte der Bürgermeister von Reutte, Helmut Wiesenegg (SPÖ), mit 48 Prozent knapp den Wiedereinzug ins Rathaus. Sein Herausforderer bei der jetzt erforderlichen Stichwahl ist August Ihrenberger von der ÖVP, der auf 33,86 Prozent kam. Dem Sozialdemokraten Wiesenegg, der 1998 bei nur einem Mitbewerber noch über 58 Prozent im ersten Wahlgang schaffte, dürfte das Auftreten seines Parteigenossen Günter Bußjäger den Sieg gekostet haben. Bußjäger, der als 'Dunkelroter' im politischen Farbenspektrum des Bezirks Reutte eingeschätzt wird, war ehemaliger Abgeordneter der Sozialistischen Partei Österreichs. Bei den gestrigen Bürgermeister-Wahlen nahm er mit 18,14 Prozent den dritten Platz ein. Zwar traten fast alle politischen Gruppierungen in der österreichischen Allgäuer Nachbar-Region Außerfern unter Namen mit starkem örtlichen oder berufsständigen Bezug an; aber die allermeisten lassen sich der konservativen ÖVP zurechnen. Linke und Grüne spielten erneut so gut wie keine Rolle im 'schwarzen' Bezirk Reutte. Zumal auch die Hauptstadt Reutte keine sichere SPÖ-Hochburg mehr ist. Da vielerorts überhaupt nur ein Bewerber um das Bürgermeister-Amt zur Wahl stand, staunen Außenstehende über die nicht wenigen 100-Prozent-Ergebnisse, weil die ungültigen Stimmen nicht berücksichtigt werden durften. Einer der 'Mister 100-Prozent' ist wieder einmal der Bürgermeister der österreichischen Exklave Jungholz, Bernhard Eggel, bis vor kurzem noch ÖVP-Landtagsabgeordneter. Nur in vier der 37 Gemeinden des Bezirks Reutte gibt's demnächst Stichwahlen, weil keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreichte. Die wohl interessanteste dürfte neben Reutte in Lermoos stattfinden. Dort verlor der Vertreter von 'Lebenswertes Lermoos', Othmar Kössler (16,45%), gegen die Geschwister Karl Mott jun.
(46,36%) und Maria Zwölfer (37,20%). Es kommt also zu einem Familien-Duell unterm Zugspitz-Massiv. Sowohl Mott als auch seine Schwester sind nach Einschätzung von Tiroler Journalisten beide erfahrene Gemeinderäte, die gestern mit unterschiedlichen Gruppierungen gegeneinander antraten und nun unter sich ausmachen, ob in ihrem Ort demnächst eine Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister regiert. Bei nur 180 Wahlberechtigten 'tobte' auch in Zöblen im Tannheimer Tal die Schlacht um den Sessel des Gemeindechefs, den Bernhard Gutheinz als einziger Kandidat 1998 besetzte und jetzt freiwillig räumte. Ihn möchte am liebsten sein Bruder Anton 'beerben'. Doch der Hauptschullehrer verfehlte im ersten Wahlgang mit 42,04 % das Ziel und muss sich nun Johann Praschberger (35,03%) stellen, der vor Werner Gehring (22,93%) liegt. In Tannheim selbst blieb erneut Johann Gehring gegen Amtsinhaber Markus Eberle chancenlos. Gehring verschlechterte sich auf 38,06%, während Eberle mit 61,94% einen deutlichen Sprung nach vorn machte gegenüber der vergangenen Wahl. Nach dem Rücktritt von 'Langzeit-Bürgermeister' Peter Sprenger, wie ihn die Tiroler Tageszeitung nennt, gelang auch in Berwang keinem der drei Konkurrenten auf Anhieb die absolute Mehrheit. Ins Stechen gehen damit Andre Sellinger (43,14%) für die 'Junge Liste' und Dietmar Berktold (39,15%) für 'Gemeinsam fürs Berwanger Tal'. Bei den Wahlen zu den Gemeinderäten gab es zwischen den Gruppierungen teilweise durchaus deutliche Verschiebungen. So ist die ÖVP wieder mit fünf Mandaten im Marktgemeinderat von Reutte drin. Während die FPÖ, die 1998 noch drei Sitze erlangte, heuer auf eine eigene Liste verzichtete. Die Wahlbeteiligung lag in den einzelnen Kommunen im Bezirk Reutte zwischen 60 und über 90 Prozent.