Am Haus der Familie Fünfer nisten sich jeden Sommer Zwergfledermäuse ein. Von Martin Frei Großkitzighofen Vielen jagen sie Angst und Schrecken ein, bei der Familie Fünfer in Großkitzighofen sind sie regelmäßige und gern gesehene Gäste: Fledermäuse. Seit Jahren nistet sich im Sommer eine Kolonie der fliegenden Säuger hinter der Wandverkleidung des Fünferschen Hauses ein. Tochter Tonia Fünfer schrieb sogar ihre Facharbeit am Gymnasium über die sommerlichen Gäste.
Regelmäßig Ende Mai wird die Holzverschalung an der Ostseite des Hauses der Familie Fünfer zum Massenquartier. Schon seit Jahren zieht dann eine Kolonie von rund 70 Fledermäusen in den nur zweieinhalb Zentimeter breiten Zwischenraum zwischen Wand und Holzverkleidung. 'Die Fledermäuse waren eigentlich schon immer da und selbstverständlich für mich', berichtet Tonia Fünfer.
So mancher Freundin waren die Tiere dagegen unheimlich. Eine habe von ihren Eltern gehört, dass Fledermäuse besonders gerne in blonde Haare fliegen und dann mit der Schere herausgeschnitten werden müssen. Deshalb habe sie sich nachts nie in den Garten der Fünfers getraut. 'Dabei würden die Tiere mit ihrer Ultraschall-Ortung nie einfach gegen einen Menschen prallen', so die 20-jährige Tiermedizin-Studentin.
Und sie muss es wissen. Denn für ihre Facharbeit hat sich die ehemalige Schülerin des Kaufbeurer Marien-Gymnasiums theoretisch und praktisch mit den nachtaktiven Sommergästen beschäftigt. Bei ihren Beobachtungen sei es schon vorgekommen, dass die ganze Kolonie beim abendlichen Abflug zur Futtersuche ganz knapp an ihr vorbeigezischt ist. 'Das ist schon ein komisches Gefühl.' Die Sache mit den Haaren sei aber in jedem Fall Quatsch. Thema ihrer Facharbeit sei es eigentlich gewesen, festzustellen, welchen Einfluss Witterung, Temperatur und Tageslänge darauf haben, wann und wie viele Fledermäuse auf nächtliche Beutejagd gehen. Dabei stellte Fünfer fest, dass sich die Tiere vor allem an den Lichtverhältnissen orientieren.
Mit Ultraschall-Wellen
Bei ihren Untersuchungen fand sie aber auch heraus, welche Art von Fledermäusen die Familie während des Sommers beherbergt. Von Herbert Gottstein, Lehrer und Mitglied der Ostallgäuer Arbeitsgruppe Fledermausschutz im Landesbund für Vogelschutz, lieh sich Fünfer einen sogenannten 'Bat-Detector'. Das ist ein Gerät, mit dem die Ultraschall-Wellen in für den Menschen hörbare Töne umgewandelt werden. Die Fledermäuse senden beim Flug solche Wellen aus, fangen das Echo wieder ein und orten so Hindernisse oder Beute-Insekten.
Da die Frequenzbereiche dieser Signale ebenso wie das Flugverhalten und die Beschaffenheit des Kotes bei jeder Art anders sind, kam Fünfer zu dem Ergebnis, dass es sich bei 'ihren' Tieren um Zwergfledermäuse, lateinisch Pipistrellus pipistrellus, handelt. Diese kleinste einheimische Fledermausart hat einen kaum daumenlangen Körper und eine Flügelspannweite von rund zwanzig Zentimetern. Bei ihren nächtlichen Streifzügen mit dem 'Bat-Detector' durch Großkitzighofen hat Tonia Fünfer zudem Ultraschall-Wellen von mindestens drei weiteren Fledermaus-Arten empfangen. Diese Vielfalt ist laut Gottstein recht beachtlich. Leben doch im Ostallgäu insgesamt nur sieben Arten. Nur 'eine Hand voll' Kolonien wie die bei den Fünfers gebe es im Landkreis. 'Das ist schon etwas Besonderes.'
Grund dafür, dass es den Fledermäusen in Großkitzighofen so gut gefällt, könnten nach Fünfers Beobachtungen zwei ideale Jagd-Biotope in der Umgebung sein: Zum einen das Gebiet 'Falle' südlich von Großkitzighofen, das von Singold und Mühlbach begrenzt wird. Zum anderen der Weiher am südwestlichen Ortsrand. Beide entsprächen der Vorliebe von Fledermäusen für abwechslungsreiche Landschaften mit insektenreichen Gewässern. Das Schallwellen-Messgerät zeigte an diesen Stellen auch ein entsprechend hohes Aufkommen der Tiere an.
'Gutes Zeichen'
'In jedem Fall ist es ein gutes Zeichen, dass die Fledermäuse da sind', so Fünfer. Dies zeige, dass das ökologische Umfeld ihres Heimatortes noch einigermaßen in Ordnung sei. Demnächst werden Fünfers 'Untermieter' aber wieder ausziehen. Denn spätestens Ende Juli verlassen die Tiere ihr Sommerquartier und suchen sich für den Winter eine besser isolierte Bleibe, beispielsweise eine Höhle. Doch ab Mai herrscht in Großkitzighofen bestimmt wieder tierisches Nachtleben. i Informationen zu Fledermäusen bei der Ostallgäuer Arbeitsgruppe Fledermausschutz im Landesbund für Vogel-, Arten- und Biotopschutz. Deren Leiter ist Ulrich Waizenegger (Telefon: 0 83 41/8 18 60).