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Teil einer Bewältigungsstrategie

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Teil einer Bewältigungsstrategie

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    Von unserem Mitarbeiter Roland Wiedemann, Kempten - Manche Sportlerkarrieren enden mit einem Kreuzbandriss, einem Schien- und/oder Wadenbeinbruch oder einer Schulterverletzung, bei der kein Orthopäde mehr weiter weiß. Robert Wessel hat es vor 25 Jahren weitaus härter getroffen. Der damals 19-Jährige war begeisterter Volleyballer. Aber von einem Tag auf den anderen war Schluss damit. Er verlor bei einem Arbeitsunfall auf einem Bauernhof ein Bein. Dass der Psychologie-Student aus Münster bald wieder Sport trieb, ist einem Zufall zu verdanken. Beim Orthopädie-Mechaniker, wo sich Wessel eine Prothese anpassen ließ, lernte er einen anderen Beinamputierten kennen. Der erzählte ihm vom Sitzball (siehe Wortweiser). Die Parallelen zum Volleyball weckten Wessels Interesse. Und tatsächlich fand der Westfale, der seit sieben Jahren in Kempten lebt, bei den Sitzballern eine neue sportliche Heimat. 'Es war ein Teil meiner Bewältigungsstrategie', erinnert sich Robert Wessel an die Zeit nach dem Unfall. 'Ich kann noch Sport treiben, hat mir das Sitzballspielen gezeigt.' Vor zehn Jahren wurde Wessel mit Rosenheim bayerischer Meister.

    Am Samstag (Beginn 10.30 Uhr) spielt der heute 44-Jährige mit dem Behinderten und Versehrten Sportverein (BVS) Kempten in der Sporthalle an der Westendstraße um die schwäbische Meisterschaft. Der Diplom-Psychologe wünscht sich, 'dass wenigstens ein paar Zuschauer kommen'. Aber viel Hoffung macht er sich nicht. Sitzball war seit jeher eine Randsportart - auch damals schon, als viele Männer ohne Beine aus dem 2. Weltkrieg nach Hause kamen und Sitzball als Versehrtensport entstanden ist. An die fehlende Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit haben sich die Sitzballer gewöhnt. Schlimmer wiegt die Tatsache, dass manche Teams mangels Spieler vor der Auflösung stehen. Das ist auch der Grund dafür, dass Christa Herz-Rapka, die stellvertretende Abteilungsleiterin des BVS Kempten, häufig einspringt. Noch vor ein paar Jahren hätte sie mit ihren beiden gesunden Beinen und Armen bei Punktspielen nicht mitmachen dürfen. Doch angesichts des fehlenden Nachwuchses sind mittlerweile gemischte Teams in der Bezirks- und der Landesliga, den beiden bayerischen Spielklassen, erlaubt. Auch für Beinamputierte sei das sportliche Angebot breiter geworden, erklärt sich Wessel das fehlende Interesse der eigentlichen Zielgruppe am Sitzball. Die Vereinsführung des BVS Kempten hat schon mit Flugblättern und Anzeigen um neue Spieler geworben. 'Gemeldet hat sich aber niemand', klagt Christa Herz-Rapka.

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