Artikel: Teddys und Lebensmittel gegen die Not

9. Januar 2003 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Aktion Weihnachtstrucker: Johanniter verteilen 32600 Pakete in Krisengebieten

Kempten (spö). - 'Ich habe meinen Lieblingsteddy hergegeben', sagt der kleine Tobias stolz. Mit seinen vier Jahren hat er bereits verstanden, dass es Mädchen und Buben gibt, denen es nicht so gut geht wie ihm: 'Ich habe so viele Spielsachen und Kinder in armen Ländern haben gar nichts!' Viele dachten in der Vorweihnachtszeit ähnlich und spendeten für die Aktion Weihnachtstrucker. Insgesamt haben die Johanniter und Antenne Bayern im Dezember 32600 Lebensmittelpakete im Freistaat gesammelt. Bereits zum neunten Mal fand die Gemeinschaftsaktion der Hilfsorganisation und des Radio-Senders statt. Ziele der Pakete waren Rumänien, die Ukraine und Bosnien. Doch bevor die Reise überhaupt losgehen konnte, gab es jede Menge Arbeit: Über 300 ehrenamtliche Helfer holten die Pakete an den Sammelstellen ab und luden sie auf die großen Trucks.

1400 Kilometer auf Achse Am zweiten Weihnachtsfeiertag ging die Fahrt in die Krisengebiete dann endlich los. In drei Konvois aufgeteilt, machten sich die Laster auf den langen Weg in ihre Zielgebiete. Das Team der Allgäuer Johanniter war mit elf Lkws, die größtenteils von Speditionen zur Verfügung gestellt wurden, in Richtung Bosnien-Herzegowina unterwegs. An München vorbei ging die Fahrt über Salzburg nach Slowenien. Am Abend des 27. Dezember erreichte das Team nach 1400 Kilometern schließlich Bosnien-Herzegowina. Am nächsten Morgen wurden alle Lkws vom bosnischen Zoll freigegeben und die Lebensmittelpakete konnten verteilt werden. Bereits im Voraus hatte die bosnische Hilfsorganisation 'Dobrocintelje' Listen mit Namen der ärmsten Familien erstellt, damit die Spenden in die richtigen Hände gerieten. Erstes Ziel der Trucks war das Flüchtlingslager Capljina. Seit dem bosnischen Krieg vor zehn Jahren leben hier 360 Kinder, Männer und Frauen in Wellblechhütten auf engstem Raum. Vom eigenen Staat vergessen, fehle ihnen jegliche Zukunftsperspektive, erfuhren die Helfer. 'Ihre Pakete sind unsere einzigen Weihnachtsgeschenke. Sie helfen uns, den Winter zu überstehen', sagte Lagerleiterin Ivanka Ivankovic. Dankbar wurden die Päckchen von den Familien in Empfang genommen. 'Das Elend, das wir hier gesehen haben ist unbeschreiblich', beschreibt Bernhard Hofmann, einer der 60 Weihnachtstrucker, seine Eindrücke: 'Eine Frau kniete mit gefalteten Händen vor uns nieder und flehte uns an, sie mit nach Deutschland zu nehmen.' Diesen Menschen mit den Paketen wenigstens ein bisschen zu helfen, sei ein gutes Gefühl. Weitere Päckchen werden in den Dörfern im Raum Capljina und Mostar bis hin nach Sarajevo verteilt. Hier leben Hunderte Flüchtlingsfamilien in halb fertiggestellten Häusern ohne fließendes Wasser - alle am Rande der Armutsgrenze. Viele Menschen schlafen auf dem nackten Fußboden. 'Vom bosnischen Staat erhalten die Menschen kaum Unterstützung', sagt Konvoileiter Wolfgang Strahl 'die Leute sind dringend auf unsere Hilfe angewiesen.'

'Ganz besondere Freude' Bei der Aktion Weihnachtstrucker haben sich Hunderte bayerische Familien, Schulklassen, Vereine, Firmen und Kindergärten beteiligt. 'Ohne dieses Engagement wäre die Aktion nicht möglich', betont Strahl. Jedes einzelne Päckchen habe geholfen, das Elend ein wenig zu mildern. 'Und alle Spender haben den bedürftigen Menschen eine ganz besondere Weihnachtsfreude gemacht.'