Irsee/Frankenhofen | fro | Kürzlich benannte der Gemeinderat Irsee eine Straße südlich des Oberen Dorfes nach einem alten Flurnamen. "Am Kreuzstein" heißt nun das Sträßchen. Namensgeber der Flur ist ein mindestens 400 Jahre altes Sühnekreuz am Langweg. Kreuze wie diese wurden etwa in der Zeit vom 13. bis 16. Jahrhundert an Orten des Verbrechens aufgestellt. "Der Täter leistete mit dem Kreuz Sühne", erklärt der Irseer Ignaz Spingler.
In der Gemeinde stehen zwei Sühnekreuze. Während von dem über einen Meter hohen Tuffstein-Kreuz am Langweg offenbar nichts bekannt ist, heißt es, dass das kleinere Sühnekreuz - ebenfalls aus Tuffstein - in der Von-Bannwarth-Straße an der Stelle stehe, wo einst ein Mädchen umgebracht wurde.
Die Jahrhunderte alte Zeichen stammen aus einer Zeit des mittelalterlichen Rechts. Damals konnte nach einem Mord oder Totschlag ein Sühnevertrag geschlossen werden, um Blutfehden zwischen den betroffenen Familien oder verfeindeten Gruppen zu vermeiden. Das Sühnekreuz war etwa neben Wallfahrten Teil des Vertrages. Erst die Einführung der "Halsgerichtsordnung" durch Kaiser Karl V. vermutlich im Jahre 1532 sorgte für eine Ablösung der privaten Sühneverträge.
Die Steine hatten zumeist eine gedrungene Kreuzform ("Eisernes Kreuz") aus Tuff und Nagelfluh. Ihre Größe konnte variieren, nahm jedoch im Laufe der Jahrhunderte ab. Texte gab es keine, stattdessen konnte die Mordwaffe oder aber ein berufstypisches Gerät des Ermordeten darauf dargestellt sein. Selten waren Jahreszahlen des Verbrechens dabei, eher noch wurde die Mordwaffe unter dem Stein vergraben. Viele der Sühnekreuze verschwanden - wurden oftmals bedenkenlos entfernt, um Platz für neue Bauten zu schaffen. Im gesamten Ostallgäu soll es keine 50 Stück mehr geben und nur selten werden welche wiederentdeckt: 2007 wurde ein rund 130 Kilo schweres Sühnekreuz bei Restaurierungsarbeiten am Friedhof der Pfarrkirche in Frankenhofen ausgegraben.
"Dem aufmerksamen Auge des Kirchenverwaltungsmitgliedes Matthias Baumgartner ist es zu verdanken, dass dieser geschichtsträchtige Fund nicht als wertloser Bauschutt entsorgt wurde, sondern als Teil der Frankenhofener Historie erhalten bleibt", schreibt der Frankenhofener Helmut Kögel.

Täter gesucht
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In Irsee trägt nun nicht nur eine Flur, sondern auch eine Straße den Namen eines Sühnezeichens.
In der Stadt Kaufbeuren gibt es sogar noch Erzählungen zu den Zeichen, wie Ludwig Egelhofer (1987) und Egon Guggemos (1984) in den Kaufbeurer Geschichtsblättern dokumentierten.
Doch im Alltag verschwinden die Sühnekreuze aus dem Stadtbild: 1766 gab es noch sechs Stück, 1960 zwei und heute ist nur noch ein Einziges an der Kirche St. Cosmas und Damian in Oberbeuren übrig geblieben.