Kempten: "Stolpersteine" warten auf Sponsoren

12. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
privat

Initiative - Gedenkplatten sollen an die Nazi-Opfer in Kempten erinnern

"Stolpersteine" mit Messingplatten sollen künftig auch in Kempten an das Schicksal der Menschen erinnern, die von Nationalsozialisten ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Freitod getrieben wurden. Die Stolpersteine sind kubische Betonsteine mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern, auf deren Oberseite eine beschriftete Messingplatte angebracht ist. "Stolpern bedeutet für uns Innehalten, sich die Erlaubnis geben, Gewohntes neu zu bedenken", erläutert Ibo Gauter, die mit ihrem Mann, Pfarrer Johann Georg Gauter, und Dr. Peter Schindler hinter dem Projekt steht.

Die Idee "Stolpersteine" stammt vom Kölner Künstler Gunter Demnig, der seit 1997 in Zusammenarbeit mit verschiedenen Gruppen rund 17000 Stolpersteine in 402 Orten in ganz Europa verlegt hat, so die Kunsttherapeutin Gauter. Für sie bedeutet Stolpern aus dem Trott geraten oder aus dem Konzept kommen. "Also vielleicht ein bisher unreflektiertes Lebenskonzept aufgeben oder sogar erschrecken, ein peinliches Gefühl haben, sich gestört fühlen, verärgert sein." Damit will sie aber auch Neugierde hervorrufen.

Geächtete und Ermordete

"Im Fokus stehen dabei Opfergruppen des nationalsozialistischen Wahns, die als unwertes Leben bezeichnet wurden", erzählt die Kemptenerin.

Dazu zählt sie Juden, Sinti und Roma, Jenische, Homosexuelle, Menschen mit Behinderung, sozial Ausgestoßene, sowie aus politischen oder religiösen Gründen Verfolgte. Gauter: "Wir wollen auch an Euthanasieopfer erinnern, die in Kempten durch das Erbgesundheitsgericht in den Tod geschickt wurden."

Seit Jahren beschäftigt sich Dr. Peter Schindler vor allem mit den Lebensläufen von jüdischen Opfern. Auf den Stolpersteinen werden Namen, Geburtsjahr, Deportationsort und -zeitpunkt sowie Todestag zu sehen sein. Schindler: "Mit dem Verlegen im Gehweg vor ihrer letzten Wohnstätte erhalten die Opfer wieder Ort, Name und Würde."

Ein Stolperstein kostet 95 Euro. Darin enthalten sind Vorbereitungsarbeiten, Herstellung und Verlegung durch Gunter Demnig. Jetzt sollen ein Verein gegründet und Gespräche mit der Stadt geführt werden.

"Name ist Identität"

Der 1924 geborene jüdische Historiker und Schriftsteller Arno Lustiger unterstützt seit Jahren das Projekt Stolpersteine: "Denn die Nazis haben damals den Menschen - auch mir - ihren Namen genommen und sie zu einer Nummer gemacht. Ohne Namen aber ist man kein Mensch. Der Name ist Identität."