Von Reinhold Löchle, Biessenhofen - Als Christian Brunner im September 1997 neuer Leiter des Nestlé-Werkes Biessenhofen wurde, war es gerade zwei Jahre her, dass der Betrieb ganz knapp der Auflösung entronnen war. Man habe seither 'die Chancen und die Zeit gut genutzt, um unsere Position stark zu verbessern', blickt Brunner auf die vergangenen fünfeinhalb Jahre zurück. Heute wird er Biessenhofen wieder verlassen, denn in Mailand/Italien warten neue Aufgaben auf ihn. 'Ich bin völlig begeistert, das ist für mich auch ein Abenteuer', sagt Brunner fast schon euphorisch, räumt wenig später aber ein: 'Ich gehe auch mit einem weinenden Auge, denn es hat mir viel Spaß gemacht, das Werk Biessenhofen voranzubringen.' Für ihn ist klar: 'Der Standort ist heute absolut sicher.' Nach fünfeinhalb Jahren schon wieder den Schreibtisch räumen? Damit hat Christian Brunner kein Problem, zumal regelmäßige Standortwechsel zur 'Nestlé-Philosophie' für Führungskräfte gehörten. Bevor der Konstanzer ins Allgäu kam, waren Berlin, Mexiko, USA und Frankreich Stationen seines beruflichen Werdeganges im Konzern. Nun hat das Unternehmen den Elektroingenieur und Wirtschaftswissenschaftler zum stellvertretenden Technischen Geschäftsführer von Nestlé Waters Italy berufen. Ein Problem hat Brunner allerdings noch: Bislang fand er in Mailand noch keine Wohnung für sich, seine Frau und seine drei kleinen Kinder Bei Nestlé Waters Italy arbeiten allein im technischen Bereich 2000 Beschäftigte an elf Standorten. Unter anderem mit den Marken San Pellegrino, Panna und Levissima macht die Nestlé-Tochter eine Milliarde Euro Umsatz. Nestlé Waters ist mit insgesamt 5 Mrd. Umsatz weltweit Marktführer bei Mineralwässern. Brunner macht aber deutlich, dass auch Biessenhofen für Nestlé kein Leichtgewicht ist. 'Wir haben uns gut positioniert im Nestlé-Verbund', sagt der scheidende Werkleiter. Mit Erfolg habe man auf bestimmte Produkte gesetzt. Die Säulen des Werkes sind: Säuglingsmilchnahrung und hier speziell hypoallergene Nahrung (Nestlé, Beba), Trinkbreie und Soßen in Weichpackung (Thomy), Babybreie (Alete) und Kondensmilch. Beim Produktionsvolumen verzeichnete Nestlé Biessenhofen in den letzten fünf Jahren starke Zuwächse. Laut Brunner stieg es um 80 Prozent von 37000 auf nunmehr 63000 Tonnen. Ebenfalls nach oben kletterte die Zahl der Mitarbeiter. Als Brunner nach Biessenhofen kam, waren es 530. Im Herbst 1999 rutschte die Zahl bis auf 490 ab, nun liegt sie bei 620.
'Gewaltig' investiert Auch bei den Investitionen habe das Werk in den letzten Jahren 'gewaltig' zugelegt. Genaue Zahlen will Brunner nicht nennen, sondern beschränkt sich auf die Aussage, Biessenhofen habe 2002 die meisten Investitionsmittel aller Nestlé-Standorte in Deutschland erhalten. Zur Stärkung des Werkes Biessenhofen hat, so Brunner, vor allem auch eine wesentliche Verbesserung der Kostensituation beigetragen. Dies wiederum bedeutet eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit. Zu einem ganz wichtigen Pluspunkt habe sich der Teamgeist in Biessenhofen entwickelt, hebt Brunner hervor, 'nur dadurch sind die Erfolge der letzten Jahre ermöglicht worden'. Deshalb werde er auch, bei allem Reiz der neuen Aufgabe in Italien, nicht nur das Allgäu, sondern vor allem auch'die klasse Mannschaft hier vermissen'. Denn, so Brunner, 'die Stimmung hier ist hervorragend'. Der Verkauf der Marke 'Bärenmarke' an die Hochwald Nahrungsmittelwerke vor zwei Wochen habe auch ihn 'emotional stark betroffen', räumt er ein. Doch sehe er darin auch eine Chance: 'Bärenmarke' sei nun die Kernmarke von Hochwald und das Unternehmen sei daran interessiert, 'Bärenmarke' weiterzuentwickeln. Damit sei Biessenhofen eventuell auch an den Zuwächsen beteiligt. Brunner: 'Wir müssen unseren Job gut machen.'