Samstag Vormittag vor der Tourist Info am Rathausplatz: Im Halbstunden Takt halten Reisebusse und lassen Touristen aussteigen. Gruppenweise scharen sich die Besucher um einen Stadtführer, der sie zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt bringt. Eine der Teilnehmerinnen ist Renate Albrecht. Bevor sie ihren Stadtrundgang beginnt, wird sie von Heinz Buhmann, Geschäftsführer Kempten Tourismus- und Veranstaltungsservice auf die Seite gezogen, bekommt von ihm und Bürgermeister Josef Mayr Geschenke. Denn Renate Albrecht ist heuer die 10 000. Teilnehmerin an einer Stadtführung – und hat damit die Teilnehmerzahl bereits am 1. September auf einen Stand gebracht, den Kempten zuvor erst am Ende des Jahres registrieren konnte.
'Das ist ja toll'. Renate Albrecht freute sich über einen derartigen Empfang. Woher sie komme? Na aus Memmingen lacht sie - und erntet prompt humorvolle Kommentare von umstehenden Kemptenern: 'Ha aus der Konkurrenzstadt'. Ob sie denn Kempten noch nie so richtig angeschaut hat, dass sie eine Führung mitmache? 'Klar, schon ein paar Mal', lächelt die Maustädterin. Aber am Samstag wollte sie mit ihrem Lebensgefährten Albert Härle die Stadt besichtigen. Weil der Dolomitenurlaub aus Wettergründen nicht so ganz geklappt habe, entschieden sich die beiden für eine Stadtführung. Und da Albert Härle in Kempten lebt, sie in Memmingen – na, da sei ein bisschen Konkurrenzdenken mit eingeschlossen. Aber auch die Tatsache, dass die Memminger Altstadt ein bisschen mehr zu bieten habe.
Dennoch: Ein Stadtrundgang in Kempten – und zwar der klassische – ist nicht nur für Renate Albrecht einen Besuch wert. 10 000 Teilnehmer bereits im September – darüber freut sich besonders Heinz Buhmann: 'So viele hatten wir zum Beispiel 2008 im ganzen Jahr'. Heuer verzeichne man bis jetzt bereits 500 Führungen mit 10 000 Gästen. Im letzten Jahr waren es insgesamt 800 Führungen mit 15 000 Besuchern.
Woher kommt der Boom? Zum einen, so Buhmann habe man das Angebot an Führungen erheblich aufgestockt. Zum anderen auch verstärkt die Werbetrommel – beispielsweise bei Messen – gerührt und vor allem Busunternehmen angesprochen. Das macht sich laut Buhmann bemerkbar: Die von Reiseunternehmen gebuchten Gruppenführungen machten den 'Löwenanteil' der Teilnehmer aus.
Und ganz vorne im Beliebtheitsgrad stehe die klassische Stadtführung. Interessant für die Teilnehmer, hat Stadtführer Thomas Hilmer beispielsweise beobachtet, sei hier vor allem die einstige Zweiteilung der Stadt – und die Erasmuskapelle.
Eine hervorragende Ergänzung zu den Führungen sei aber auch der 'Audio Guide', den vor allem ausländische Gäste gerne benutzen. Und nach der Eröffnung des Jugend- und Familiengästehauses Jufa in Kempten seien auch Kinder- und Jugendführungen immer beliebter geworden, so Buhmann. Mit insgesamt 27 Führungen findet Kemptens Touristikexperte 'ist das Angebot für eine Stadt dieser Größenordnung beachtlich'.