Auf einhelligen Widerstand stieß im Kaufbeurer Bauausschuss das Anliegen der Lechwerke, südlich von Oberbeuren eine Freileitung mit 110000-Volt-Kabeln samt Masten zu erneuern. Diese erstreckt sich auf einer Länge von rund 900 Metern und schließt die örtliche Stromversorgung an weiter westlich verlaufende Leitungen des Hochspannungsnetzes an. Wie Stadtplaner Manfred Pfefferle ausführte, stammt die bestehende Leitung aus dem Jahr 1956 und muss durch eine neue ersetzt werden. Die neuen Masten sollen 36 Meter hoch sein, neun Meter höher, als bislang - und wenige Meter südlich neben der bereits bestehenden Anlage errichtet werden. Erst wenn die neue Anbindung steht, kann die alte aus technischen Gründen abgebaut werden.
"Meines Erachtens stören Hochspannungsleitungen optisch mehr als jede Mobilfunkanlage", kritisierte Karl-Georg Bauernfeind (CSU). Sein Parteifreund, Zweiter Bürgermeister Gerhard Bucher, verwies auf den Sicherheitsaspekt. "Ich erinnere an den Sturm Pallas im Jahr 1994, als die Masten umgeknickt und stark beschädigt wurden." Seinerzeit hatte es mancherorts einige Tage keinen Strom gegeben.
"Die Sache gehört in die Erde, sofern technisch möglich", pflichtete Wolfgang Hawel (Grüne) Bucher bei. Ein Einvernehmen, das gerade bei diesen beiden Kommunalpolitikern ziemlich selten vorkommt. "Damals wurden Hunderte von Masten umgeknickt."
Die neue Freileitung würden die LEW eine Million Euro kosten, eine Verlegung in der Erde hingegen 2,4 Millionen Euro, warf Stadtplaner Pfefferle ein. Er empfahl trotzdem, eine Freileitung abzulehnen, aus stadtplanerischer Sicht, um eine Ausdehnung der Wohnbebauung in Oberbeuren nach Süden zu ermöglichen. Die bisherige Leitung habe schon jetzt nur einen Mindestabstand von 15 Metern zu der bestehenden Besiedlung. Direkt unterhalb einer Leitung darf gar nicht gebaut werden.
"Nur mit einem Baugebiet zu argumentieren, ist kontraproduktiv", so Bauernfeind. "Es geht auch um das Landschafts- und Ortsbild." Diese Aspekte seien durch die bestehende Leitung quasi schon abgearbeitet, entgegnete Pfefferle, auch was das Thema Emissionen wie Magnetwellen anbelange. "Meines Wissens bezieht sich die Grunddienstbarkeit nur auf eine 60000-Volt-Leitung", so Ralf Nahm (SPD), was Pfefferle aber verneinte.
"Wir sollten deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir das trotzdem nicht wollen", fasste Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) das Stimmungsbild im Gremium zusammen. Allerdings hat die Stadt in dieser Sache kein Vetorecht. Sie wird lediglich angehört. Entscheidungsträger ist allein die Regierung von Schwaben. Deren Sprecherin Birgit Linke betonte gegenüber der AZ: "Wir werden die Sache prüfen und dann entscheiden." Man könne nicht sagen, dass die Stimme Kaufbeurens etwa ein besonderes Gewicht haben werde, es werde rein sachlich abgewogen.
Rund 30 Grundstücksbesitzer seien in dieser Sache betroffen, so LEW-Pressesprecher Ingo Butters. Mit allen habe man Konsens herbeiführen können - außer mit einem. Einer Verlegung in der Erde erteilte Butters eine Absage. "Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen und müssen auf Kosten achten. Eine Erdverkabelung wäre nicht nur unwirtschaftlich." Auch Störungen und Wartungen wären so viel komplizierter abzuarbeiten. Wann die Regierung eine Entscheidung fällt, ist noch unklar, so Linke. Sollte Kaufbeuren mit der Entscheidung dann nicht einverstanden sein, könne sie Rechtsmittel einlegen.