Kempten | mor | Das Kemptener Mütter-, Familien-, Nachbarschafts-Zentrum (MüZe) steht vor der Schließung. Betroffen sind davon rund 80 Familien, die diese offene Einrichtung der Familienselbsthilfe nutzen, um Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen, Angebote wie Kinderbetreuung wahrzunehmen oder sich in Erziehungsfragen beraten zu lassen.
Zum September kündigte der Verein den Mietvertrag. Der Grund: Die Stadt hat ihren Zuschuss von 2500 Euro gestrichen und gleichzeitig gegenüber überregionalen Zuschussgebern die Eignungsfähigkeit der Einrichtung zur Zusammenarbeit mit anderen Beratungsinstanzen abgesprochen. 'Es fand keine Zusammenarbeit mehr statt. Und man kann nicht von uns verlangen, dass wir jemanden unterstützen, der gegen uns arbeitet', erklärte Jugendamtsleiter Matthias Haugg.
Dadurch fehlen dem MüZe die Mittel für den laufenden Betrieb, da auch andere Geldgeber ihre Zuschüsse einstellten. Darunter 10 000 Euro vom Zentrum für Familie und Soziales in Bayreuth für ehrenamtliche Tätigkeit. Diese Aufwandsentschädigungen hatten die Ehrenamtlichen gespendet, um die Miete für die Einrichtung zu sichern.
'Kritische Fälle' begleitet
An einem '1. Tag der offenen Information' im Mütterzentrum an der Bodmanstraße nahm auch die Sozialwissenschaftlerin und Autorin Dr. Anita Heiliger teil. In den Büchern 'Verrat am Kindeswohl' und 'Väter um jeden Preis' kritisiert sie das aktuelle Sorge- und Umgangsrecht. Und mit Besucherinnen diskutierte sie über die Schließung.
Mit Mahnwachen vor der Residenz - daran beteiligten sich bis zu 70 Betroffene aus dem Allgäu - hatte das Mütterzentrum 2006 die Auswirkungen auf Kinder angeprangert. Zudem hatte die Einrichtung 'kritische Fälle' begleitet. 'Das ist nicht erwünscht', meinte Gudrun Hausting vom MüZe: 'Man will uns einen Maulkorb verpassen.' Mit der Streichung der Gelder sei das Gegenteil erwirkt worden: 'Die Familien wollen wissen, was los ist.'
1994 habe es mit den Anfängen des MüZe eine Kindeswegnahme gegeben. Weitere seien gefolgt. Nach den Mahnwachen hätten sich die Anfragen um Hilfe verstärkt. 'Wir können die Frauen nicht wegschicken und sagen, hier haben nur glückliche Familien Zutritt', argumentierten die Vorstandsfrauen.
'Das Jugendamt will das Mütterzentrum', signalisierte Haugg. Man habe das Gespräch gesucht, nachdem sich Beratungsinstanzen wie Psychologen, Rechtsanwälte und Familienrichter über die Einmischung des MüZe beklagt hätten: 'Die Hilfe muss aber professionellen Helfern überlassen werden.'