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Spurensuche im Bunker

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Spurensuche im Bunker

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    Ein Rundgang durch den verlassenen Bundeswehr-Betonbau am Jengener Ortsrand. Von Melanie Weisgerber Jengen Konrad Abele verkeilt ein Stück Holz in der Eingangstür. Dahinter führen Stufen tief unter die Erde, in das Herz der stillgelegten Bundeswehr-Fernmeldeanlage in Jengen. 'So hat man mir das geraten, aber ich glaube kaum, dass was passieren wird.' Prompt stellt sich ein mulmiges Gefühl ein. Doch das legt sich überraschend schnell beim Rundgang durch den verlassenen Bunker.

    'Lassen Sie mich das machen, wenn man hier auf den falschen Knopf drückt, geht womöglich der Alarm los', warnt Abele und tastet nach dem Lichtschalter. Lange, schmale Gänge führen kreuz und quer durch den Bunker, an den Wänden weisen auch im Dunkeln phosphorizierende Pfeile den Weg nach draußen. Das beruhigt ungemein.

    Belüftungsanlage läuft

    Die Temperatur ist angenehm und auch die Luft lässt sich gut atmen. Irgendwo weiter hinten liegt die Quelle für ein konstantes Brummen ­ die Belüftungsanlage läuft nach wie vor, obwohl die Einrichtung schon seit Jahren nicht mehr genutzt wird. Das müsse so sein, erklärt der Mann vom Bundesvermögensamt, 'sonst fängt der Betonbau an zu schwitzen'. Und das wäre bei all der Technik, die hier zurückgelassen wurde, fatal.

    Vor knapp drei Jahren verloren der Bunker und das dazugehörende Verwaltungsgebäude ihren Nutzen für die Bundeswehr. Seit Januar versucht nun Abele, die in viel Grün gebettete, nordöstlich von Jengen gelegene Anlage an einen privaten Investor zu verkaufen. Die Gemeinde war zuvor als potentieller Käufer abgesprungen (wir berichteten).

    Verschiedene Verwendungszwecke waren und sind bisher im Gespräch, zum Beispiel der 'Gnadenhof' für vom Zoll beschlagnahmte Papageien oder das ­ von der Gemeinde favorisierte ­ Altenpflege-Projekt eines Jengener Bürgers. Für den Bunker interessieren sich nur die Tierschützer, 'eventuell ließe sich hier eine Quarantänestation einrichten'.

    Schon einmal hat Regierungsamtmann Abele einen atomsicheren Bunker erfolgreich an den Mann gebracht. Was aus der doch recht ungewöhnlichen Immobilie geworden ist, weiß er nicht. Er hält sich ohnehin nicht besonders gerne in solch unterirdischen Räumen auf, 'ich bin eigentlich ganz froh, wenn ich wieder raus kann'.

    'Dekontaminier-Brause' steht auf einem kleinen Schild vor den Duschräumen. Das erinnert sofort an die zwar dementierten, aber hartnäckigen Gerüchte von einst, in dem Bunker seien Atomwaffen gelagert worden. 'Die Leute, die hier gearbeitet haben, mussten sicher den Ernstfall proben', erklärt sich Abele die Kalkflecken.

    Selbstversorgung angesagt

    Vorbei an den Toiletten für Herren und Damen ('die Frauen arbeiteten in der Vermittlungsstelle') geht es weiter zu einem Raum, in dem mehrere große Kunststoff-Tanks und eine Wasserreinigungsanlage untergebracht sind. Früher waren die Bundeswehrler quasi Selbstver- und -entsorger. Wird das ehemalige militärische Gelände nun aber verkauft, muss es an das öffentliche Wasser- und Abwassernetz angeschlossen werden.

    'Da hinten gibt es einen Lastenaufzug', sagt Abele und zeigt nach links, wendet sich dann aber nach rechts und weist den Weg zu den eigentlichen Arbeitsräumen.

    Ein mit bunten Aufklebern geschmückter Spind, ein überquellender, an die Wand geschraubter Aschenbecher und schwarze Schuhabdrücke auf dem PVC-Boden erinnern an die Menschen, die einst an den sogenannten 'Funkempfangsplätzen' saßen. Pulte und Stühle sind verschwunden. Mitten im Raum gegenüber steht noch eine große Holzkonsole, hier stöpselte die Fernsprechvermittlung 'so, wie man es aus amerikanischen Filmen kennt'. Dahinter winden sich zahllose Kabel in einem deckenhohen Kasten. Von einem vergessenen Farbfoto lächelt eine Frau in den leeren Raum.

    Die Bunker-Führung ist beendet. Über den steilen Treppenaufgang, den sich ein paar Nacktschnecken hinunterquälen, geht es zurück an die sonnige Oberfläche. Konrad Abele gefällt es hier wesentlich besser. 'Wirklich hübsch gelegen', sagt er und lässt den Blick über die benachbarten Wiesen schweifen.

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