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Artikel: Sprung in die heile Welt

5. Dezember 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Theater Kopplows "Pretty Girl" in Sonthofen: Die alte Geschichte vom reichen Mann, der durch ein armes Mädchen sein Herz entdeckt

Von Dr. Karlheinz Gradl |SonthofenEs war einmal mehr die alte Geschichte vom reichen Mann, der, durch den Charme eines armen Mädchens bewegt, seine im Verborgenen schlummernde Warmherzigkeit entdeckt und so die Welt um sich herum allmählich wieder ins Lot bringt. In Marc Kopplows Komödie "Pretty Girl" werden daraus gut zwei Stunden unterhaltsames, nicht eben prickelndes Boulevard-Theater mit griffigen Dialogen, amüsanten aber auch ernsthaften, gelegentlich sogar turbulenten Szenen. Zu sehen war das Stück jetzt in einer Produktion der Berliner Tournee im Haus Oberallgäu in Sonthofen.

Die Geschichte spielt im New York der Gegenwart, wobei der verblassende Mythos der Superstadt im Stück verbal, wie auch als "sichtbarer" Hintergrund im Bühnenbild, noch beschworen wird. Im Zimmer eines Nobelhotels entdeckt der erfolgreiche Geschäftsmann Greg an seinem vierzigsten Geburtstag die Zuneigung zu Irene, einer ihm ohne sein Wissen von seinem Freund Dan für eine Nacht vermittelten Prostituierten. Durch ihre erfrischend direkte und grundehrliche Art erobert sie nach einigen Turbulenzen ihren Prinzen und schafft so, ohne dies bewusst geplant zuhaben, den Sprung von der Straße in die heile Welt der Reichen.

Natürlich wirkende Ausstrahlung

Vor allem Ines Lammers in der Rolle der Irene überzeugt in diesem scheinbar zeitlosen amerikanischen Märchen von der jederzeit allein durch Reinheit des Herzens möglichen Überwindbarkeit aller sozialen Schranken. Ihr Temperament und ihre Ausstrahlung wirken natürlich, beeinträchtigt allenfalls vom gelegentlich allzu Klischeehaften des Textes. Am Schluss freilich will man ihr den zur Schau gestellten Moralapostel nicht ganz abnehmen und ist fast erleichtert über ihre jetzt wohl endgültige Rückkehr in die Arme Gregs.

Diese Rolle spielt Marcel Krohn, der das Stück auch selbst inszeniert hat, mit durchgängig sympathischer Ausstrahlung.

Bei ihm bedarf es keiner besonderen Anstrengung seitens Irenes, um das "rein Menschliche", hinter der Aura des Geschäftsmanns Verborgene, zum Vorschein zu bringen. Die Versöhnung mit seinem auch nur an der Oberfläche wirklich hartherzigen Vater ist da genauso plausibel wie die spontane Trennung von seinem Freund Dan, der, im Gegensatz zur guten Irene, seinen wahren Charakter stets verkannt hat. Am Ende hat Greg so zwar einige Millionen weniger auf dem Konto, dafür aber möglicherweise die Frau fürs Leben gefunden. Wer möchte ihn dazu nicht beglückwünschen?