Die Schüler singen englische Kinderlieder oder das Känguru Sally erzählt ihnen Geschichten vom fernen Australien: Seit Grundschulenglisch für Dritt- und Viertklässler in Bayern Pflicht ist, werden sie zwei Stunden pro Woche mit angelsächsischer Landeskunde konfrontiert, erklärt Bernhard Marz, Leiter der Volksschule Obergünzburg. "Es geht darum, die Schüler für fremde Sprachen und Kulturen zu öffnen", sagt Englischlehrer Marz, "nicht um Spracherwerb".
Benotung gefordert
Eben das würde Marz gerne ändern. Er tritt für eine Intensivierung des Grundschulenglischs ein - mit Benotung: "Man sollte das aufwerten. Das Alter zwischen sechs und zehn ist für den Spracherwerb am besten." Die Praxis des Grundschulenglischs werde dem nicht gerecht. So schimpften seine Kollegen an weiterführenden Schulen zurecht darüber, dass sie bei ihren Fünftklässlern nicht auf viel Englisch-Vorwissen zurückgreifen könnten: "Das ist sicher so", sagt Marz.
Tatsächlich steht gerade das Gymnasium Marktoberdorf dem Grundschulenglisch, wie es derzeit praktiziert wird, kritisch gegenüber.
Die Ausbildung der Grundschullehrer sei sehr unterschiedlich, daher werde den Kindern an der Grundschule zum Teil "falsche oder schlechte" Aussprache vermittelt, sagt Susanne Jehl, stellvertretende Schulleiterin am Gymnasium. Diese den Kindern wieder abzugewöhnen, bereite ihren Englischlehrern oftmals Mühe. Eine falsche Intonation "umzupolen" sei schwierig, wenn ein Kind ein Wort schon "drin hat", weiß auch Volksschullehrer Marz.
Die Ausbildung der Grundschullehrer läuft in der Praxis so, dass jeder Lehrer, der den so genannten "Sprachkompetenztest" besteht, Englisch unterrichten darf: auch wenn er den dazugehörigen Methodikkurs Englisch erst viel später absolviert - wie auch das Schulamt einräumt. "Sehr viele Lehrer mussten auf einmal weitergebildet werden. So schnell war das breitflächig nicht zu schaffen", sagt Schulrätin Marina Elbert.
"Aber über die Qualifizierung eines Lehrers, der den Sprachkompetenztest bewältigt, erlaube ich mir kein Urteil."
Engagierte Grundschullehrer
Zugleich betont Elbert, dass die Weiterbildung freiwillig sei - es seien vor allem engagierte Lehrkräfte, die Englisch unterrichteten. In ihren Augen tut das Englisch den Kindern gut: "Je früher ein Kind mit der Fremdsprache konfrontiert wird, um so früher öffnen sich seine Sprachfenster." Auch die Kritik an dem eher spielerischen Ansatz weist Elbert zurück. Die Grundschule sei kein reiner Zulieferer für Gymnasium oder Realschule.
Das findet auch Grundschullehrerin Martina Schiebel, Fachberaterin Englisch an der St.-Martin-Schule: "Es ist gewinnbringend für die Kinder, wenn das Ganzheitliche in den Vordergrund rückt." Allerdings plädiert auch sie für einen Mittelweg, um bei allem Spielerischen den Lernaspekt nicht zu vernachlässigen: "Die Kinder wollen ja auch mit der Sprache umgehen, auf Englisch lesen und schreiben."
Auch Elisabeth Mittel, die in Bidingen unterrichtet, betont, wie motiviert und mit wie viel Freude ihre Viertklässler im Englischunterricht bei der Sache sind. Gut findet auch sie die eher spielerische Vermittlung.
"Wegen der fehlenden Benotung und durch offenen Unterricht mit Liedern, Reimen und Spielen können die Schüler frei und ohne Druck arbeiten", sagt die Lehrerin. Der Lernfortschritt sei dabei allerdings schwer zu kontrollieren, die Abstimmung mit den weiterführenden Schulen nicht einfach.
Das ist auch für Susanne Jehl der springende Punkt. Selbst gutes Grundschulenglisch bereite Probleme: "Kinder, die gute Lehrer in der Grundschule hatten, langweilen sich anfangs im Englischunterricht. Dann merken sie oft nicht, wann es wirklich ernst wird und sie wieder intensiv lernen müssen - denn der Unterricht fängt ja bei uns bei null nochmals an."