Von Sabrina Müller |GrünenbachWas passiert mit einem Mädchen, dass von Papas Freund an Stellen angefasst wird, die er nicht anfassen soll? Das Mädchen spricht nicht mehr, es zieht sich zurück und hat Angst vor Berührungen - auf die Frage von Petra von Sigriz vom Frauennotruf Kempten wissen die Drittklässler der Laubenbergschule in Grünenbach auch nach zwei Jahren noch die richtige Antwort. Schon damals hat die Sozialpädagogin die damaligen Erstklässler spielerisch und "nachhaltig" (von Sigriz) an die Themen Missbrauch und Umgang mit Fremden herangeführt - "ohne dabei zu verängstigen". In diesem Schuljahr ist sie wieder da, um Altes aufzufrischen und Neues zu vermitteln.
Auf sich selber aufpassen, eine Ich-Stärke entwickeln - das ist das Wesentliche, was von Sigriz den Erst- bis Viertklässlern der Laubenbergschule in Grünenbach, Maierhöfen und Gestratz in jeweils zwei Schulstunden mit auf den Weg geben möchte. Stundenmäßig sei das zwar viel, sagt Schulleiter Ulf Müller, "aber das ist Lebenshilfe für die Kinder" und daher wichtig. Und, so glaubt er: Kinder nehmen die Ratschläge eher an, wenn ein Experte von Außen kommt.
Los geht es mit einem Rollenspiel, bei dem die Kinder sofort mit Eifer bei der Sache sind.
Jeder möchte mal nach vorne, um gemeinsam mit anderen Kindern und von Sigriz in eine bestimmte Situation zu schlüpfen: Im Bus immer an den Rand setzen, rät von Sigriz, "dann kannst du jederzeit aufstehen und gehen". Generell sei es nicht gefährlich, mit Fremden zu sprechen, allerdings dürfe es nicht zu persönlich werden. Tabu sei es daher, den vollen Namen, Telefonnummer oder Adresse zu sagen. "Wenn jemand danach fragt, müsst ihr nicht schreien, aber ganz ruhig sagen, ,nein, das möchte ich nicht".
"Wenn im Kino oder im Park ein Mann sitzt, seine Hose aufmacht und seinen Penis zeigt, dann müsst ihr das den Erwachsenen ganz genau erzählen - auch wenns peinlich ist", sagt die Sozialpädagogin. Weil Kinder Dinge in ihrer eigenen Sprache benennen, ist ein "Pimmelzeiger" der, der in der Erwachsenenwelt Exhibitionist genannt wird.

Neu-Ulm
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Für von Sigriz gehört auch die Benennung von Geschlechtsteilen zur Erziehung dazu und ist kein Tabuthema. Ganz wichtig ist es ihr, dass die Kinder ernst bleiben und keine Geschichten erfinden, denn das mache unglaubwürdig.
Wie viel Aufklärung ist gut fürs Kind? Was wird den Kindern eingeredet? Um Ängste der Eltern im Vorfeld abzubauen, hat von Sigriz auf einem Informationsabend letzte Unklarheiten beseitigt. Das war Schulleiter Müller wichtig. Die stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende Ingrid Beutelspacher hat festgestellt, dass die Erst- und Zweitklässler seither an der Bushaltestelle gegenseitig besser auf sich aufpassen, etwa darauf achten, dass niemand dort alleine stehen muss. Ein Missbrauch lasse sich mit derartigen Aufklärungsaktionen nicht gänzlich verhindern, glaubt von Sigriz. "Aber er lässt sich vielleicht eher stoppen."