Kempten | Von Rainer Schmid: Spartanische Märchenoper

31. Dezember 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Klassik-Box - Die Aufführung von Mozarts "Zauberflöte" erinnert an Schultheater

So war das nicht gedacht von Mozart. Eine "halbszenische Aufführung" seiner Zauberflöte ging in der Klassik-Box der Big Box Allgäu über die Bühne: Das verkleinerte Orchester der Staatsoper Costanza spielte - meist ordentlich - die Hauptrolle. Ein paar Plastik-Löwen und Bonsai-Palmen am Bühnenrand ersetzten das Bühnenbild; ein goldener Thron im mittleren Hintergrund wartete vergeblich auf eine Majestät. Die Solisten agierten und sangen auf den wenigen Metern restlichen Bühnenraums im Rücken des Dirigenten Jung Gyu Kim.

Vergleicht man die aktuellen Inszenierungen der wohl meistgespielten deutschen Oper (etwa Berlin, Bremen, Hannover, Dresden) mit dieser Aufführung, so würde Kempten sicherlich den Preis für spartanische Kargheit bekommen, die - in der Regie von Anna Bernreiter - an Schultheater erinnerte.

Es müssen ja nicht gleich pyrotechnische Spezialeffekte, Lichter- und Laserstrahlen samt Feuerjongleuren vor märchenhaft prächtiger Kulisse sein, wie das ein Zauberflöten-Event-Management anbietet. Aber schon zu Mozarts Zeit lobte die Wiener Presse bei den ersten Aufführungen im Oktober 1791 "die Zauberflöte, mit Musik von unserm Kapellmeister Mozart, die mit großen Kosten und vieler Pracht in den Dekorationen gegeben wird". Immer schon ist das Publikum dankbar für farbenreiche Kulissen-Unterstützung seiner Fantasie - gerade bei einer Märchenoper.

Dennoch klatschten die 1000 Besucher tapfer Achtungs-Beifall nach jeder Arie. Sogar ein Bravoruf verirrte sich in den kräftigeren Applaus für die berühmt-berüchtigte Koloraturarie der Königin der Nacht ("Der Hölle Rache") - über dessen Berechtigung man streiten könnte.

Charmanter Naturbursche

Einen gut ausgebildeten, warm strahlenden Sopran sang dagegen Brigitte Karwautz als Pamina. Der Sarastro-Bass Hyung Min Lees überzeugte eher in der Bariton-Lage. Kräftig-engagiert der klare Tenor Taminos (Michael Ende). Natürlich ist die dankbarste Rolle Papageno, der Naturbursche. Dominik Rieger füllte sie charmant und witzig aus, stimmstark, mit augenzwinkerndem Blick aufs Publikum.

So war diese halbseidene Zauberflöten-Aufführung unfreiwillig ein Beispiel für Schikaneders/Mozarts psychologisierende Figurengestaltung: Jede einzelne verkörpert unerfüllte Wünsche, Sehnsüchte, Widersprüche des Lebens, der menschlichen Natur.