Beamtenwitze sind auch in Behörden wie dem Landratsamt in Marktoberdorf beliebt. Doch jedem Klischee zum Trotz: Wenn ein Staatsdiener in Pension geht und seine Stelle ein Jahr lang nicht mehr besetzt wird, merken dies die Kollegen und sogar die Bürger doch deutlich. Diese Erfahrung macht Personalamtsleiter Manfred Huber immer häufiger. Denn im Freistaat gilt für frei werdende Stellen eine einjährige Wiederbesetzungssperre. Darunter leiden auch die Landratsämter. Das Landratsamt hat eine Doppelfunktion.
Einerseits ist es eine kommunale Behörde, die sich im Landkreis beispielsweise um Abfallbeseitigung, Schülerbeförderung, Krankenhauswesen und Feuerwehren kümmert. Andererseits ist es Staatsbehörde, vollzieht die Baugesetze, regelt die Kfz-Zulassung, kümmert sich um Wasserrecht und Waffenrecht. Um diese Aufgaben wahrzunehmen, stellt der Freistaat den Landratsämtern Personal, das aus der Staatskasse bezahlt wird. Eben das bereitet nun Probleme.
Konkret gibt es im Landratsamt 61 Vollzeitstellen für Staatsbeamte. Dies sind nicht nur die Ärzte im Gesundheitsamt, sondern auch Mitarbeiter im Emissionsschutz oder im Wasserrecht, erklärt Manfred Huber. In der Regel seien dies hoch qualifizierte Mitarbeiter. Nun verließen 2011 drei Staatsbeamte die Behörde.
Ersatz dafür, so Huber, sei frühestens für Herbst 2012 angekündigt. 'Es geht nicht, dass wir das ein Jahr lang mit Landkreispersonal ausgleichen', erklärt Huber und verweist darauf, dass die Behörde personell ohnehin 'knapp aufgestellt' sei. 24 Stellen gibt es für Beamte des Landkreises, hinzu kommen 218 weitere Beschäftigte, darunter 45 Mitarbeiter in den Bauhöfen und Hausmeister an Schulen.
'Wir können den Bürgern nicht sagen, kommen sie in einem Jahr wieder, wenn der Freistaat Personal einstellt', ergänzt Behördensprecherin Susanne Kettemer. Daher bleibe nichts anderes übrig, als den Ausfall mit Landkreispersonal zu kompensieren. Dies sei nicht einfach, da die Beamten und Angestellten des Kreises nicht in die oft komplexen Themen eingearbeitet seien.
Huber weiß, dass auch andere Landkreise unter der Wiederbesetzungssperre leiden, die beispielsweise auch bei Elternzeit gilt. Abhängig seien die Auswirkungen aber von der Altersstruktur. Gleichzeitig beklagt er, dass es keine klaren Regelungen gibt, wie viele Staatsbeamte den Kreisen zugewiesen werden. Kritik am Vorgehen des Staates, der auf Kosten der Landkreisbeschäftigten spart, kam von den Kreisräten bei den Haushaltsberatungen. Landrat Johann Fleschhut hat sich in dieser Angelegenheit kürzlich an Ministerpräsident Horst Seehofer gewandt. Er schlägt vor, die Wiederbesetzungssperre aufzuheben, falls sich ein Bundeswehrmitarbeiter auf eine solche Stelle bewerbe. Damit könnten ausscheidende Soldaten nach den Standortschließungen, die vor allem das Allgäu betreffen, in ihrer Heimat einen passenden Job finden.
Zudem könnte der Freistaat damit dem hohen Anspruch an den Bürgerservice gerecht werden, den er sonst stets einfordert. Unterstützung für den Vorschlag kam auch vom Ostallgäuer SPD-Abgeordneten Dr. Paul Wengert.