Den wohl ungewöhnlichen Kopfschmuck des Abends trägt Marco Kühnert. Der Gitarrist von Body Supply hat sich einen Chinesenhut aufgesetzt. Als Sänger Felix Kellershohn nach dem Auftritt im Kurzinterview von Moderator Manuel Scholze zu dessen Bedeutung gefragt wird, stutzt er kurz. Keine Ahnung. Vielleicht Freiheit für Tibet?, rätselt der 17-Jährige, nimmt diesen Ball dann aber gekonnt auf und bekräftigt mit einem charmanten Grinsen: Ja, genau, deshalb sind wir hier: Um Freiheit für Tibet zu fordern.
Ob der Auftritt der Simmerberger Rockband tatsächlich eine Auswirkung auf das weltpolitische Geschehen hat, mag dahingestellt sein. Beim Vorentscheid zum AZ-Szene-Star, dem großen Nachwuchsbandwettbewerb unserer Zeitung, im Kurhaus in Oberstaufen gehörten die 16- und 17-Jährigen auf jeden Fall zu den Gewinnern. Body Supply schafften den Sprung zum Finale am 20. April in der Zeppelinhalle in Kaufbeuren – ebenso wie The Vocs (Lindenberg), Neverhad (Isny) und Massive Demolition (Memmingen).
Die musikalische Palette und das Können, das die acht Bands trotz ihres jungen Alters – von 14 bis 25 – den Zuhörern am Samstagabend boten, war enorm. Zweifellos den härtesten Auftritt legten Massive Demolition aus Memmingen hin.
Die Trash-Metaller standen ihren Vorbildern Slayer in nichts nach: Harte Riffs, Schlagzeuggewitter, düstere Texte – sogar fiese Grimassen zogen die Unterallgäuer, die vom ersten Takt an die Kuttenträger im Publikum dazu brachten, ihre Langhaarmähnen wild zu schütteln und die Fäuste in die Luft zu reißen. Auch Zugabe-Rufe ernteten die bösen Buben des musikalischen Abends.
Die Lindenberger Indie-Rockband The Vocs um Sängerin Lisa Neher (17) sorgte mit sonnigen Melodien für gute Laune, während das in weißen T-Shirts gewandeten Isnyer Quarttet Neverhad seine Liveerfahrung voll auslebte.

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Wir freuen uns, auf so einer geilen Bühne spielen zu können, meinte Sänger Philipp Marx (20), der mit seinen Jungs bereits am Vorabend ein Konzert in Leutkirch gegeben hatte.
Die lautesten und tanzwütigsten Fans hatten die jungen Deutschpunker Crazy Wild Dogs aus Obermaiselstein dabei, die bereits mit 14 rotzig-authentisch wie die Großen auf der Bühne stehen – und als einzige Band des Abends mit Unterwäsche beworfen wurde. Dafür entfachten Obnoxius Revenge (Wertach), bei ihrem Rock-Sandwich, bestehend aus zwei kernigen Nummern mit einer Ballade dazwischen, die Feuerzeuge im Saal. Die per Losentscheid zugeteilte Aufgabe der ersten Band meisterten Suicide Inc.
aus Weiler mit ungewöhnlichen Synthesizerklängen und Nebelschwaden, während die Metalcore-Band Age By Heart aus Lindenberg zum Abschluss auf den Punkt gespielte trockene Gitarren servierte.
Von einer engen Entscheidung sprach am Ende die fünfköpfige Jury, bestehend aus Stefan Erb (Leiter des Jugendhauses Immenstadt), Kathrin Felle (Leiterin Kultur- und Gästeamt Lindenberg), Werner Sill (Vorstand des Hauptsponsors Aktienbrauerei Kaufbeuren) sowie den beiden Redakteuren Christian Steinmüller und Benjamin Schwärzler. Beeindruckt habe vor allem die musikalische Vielfalt. (bes)