Marktoberdorf (hkw). - Wie ein normales Appartement sieht Bettinas Zimmer in der Wohngruppe 3 des Lebenshilfe-Wohnheims in Marktoberdorf aus: Ihre Bücher und einige Möbel - ein Regal etwa oder den hellen Holzschreibtisch - hat die 38-Jährige selbst mitgebracht. 'Ich bin froh, dass ich ein eigenes Zimmer habe', sagt Bettina. Gern sitzt sie aber auch mit ihren sieben Mitbewohnern im gemeinsamen Wohnzimmer beim Kaffeetrinken. Drei Gruppen mit insgesamt 24 behinderten Frauen und Männern leben im Wohnheim der Lebenshilfe Ostallgäu, das jetzt mit einem Fest sein zehnjähriges Bestehen feierte. Ihr Bad teilt Bettina wie in einer WG mit einer Zimmernachbarin. Mit Efeu, Bildern und Fotos der Bewohner sind Treppenhaus, Wohnzimmer und der Gang der Wohngruppe, in den viel Sonnenlicht fällt, dekoriert. Die Bilder haben die Bewohner gemalt. Außerdem ist die Baugeschichte des 1996 von Architektin Beate Kreutzer geplanten Hauses mit Fotos dokumentiert. In der geräumigen Küche kochen die Bewohner am Wochenende selbst.
Arbeit in Wertachtal-Werkstätten Unter der Woche arbeiten sie in den Wertachtal-Werkstätten der Lebenshilfe, von wo sie zum Abendessen um 18 Uhr zurück sind. Die Rentner werden tagsüber im Wohnheim betreut. 'In den Werkstätten stellen wir Kabel her', erzählt Bettina. Das Leben im Wohnheim gefällt der Marktoberdorferin: In der Freizeit machen die Betreuer oft Ausflüge mit ihr und den anderen. 'Ab und zu gehen wir auch essen', so Bettina.'Die Leute sollen hier in ihrem vertrauten Umfeld so selbstständig wie möglich leben', erklärt auch Heimleiterin Claudia Kintrup. Dabei sei neben der Möglichkeit, zusammen zu sein, das eigene Zimmer, in das sie sich zurückziehen können, ein wichtiges Stück Normalität. 'Die Bewohner bekommen natürlich Hilfe, wo sie sie brauchen', so Kintrup. Die gute Stimmung, die die Heimleiterin beschreibt, war jetzt auch beim Jubiläumsfest zu spüren. 'Super gefällt's mir hier', meinte etwa der 44-jährige Volker, der zuvor bei seinen Eltern in Schwangau wohnte. Er gab ein Gedicht - frei nach Nikolaus - zum Besten: 'Allüberall auf den Bänken, Stühlen, Ritzen, seh' ich zufriedene Bewohner sitzen', las Volker lachend, 'bei Freizeiten, Festen, Ausflügen - ich find', dass alle Betreuer unsere Freunde sind.'Kintrup und Wolfgang Kimmig, Bereichsleiter Wohnen der Lebenshilfe Ostallgäu, bedankten sich bei Stadt und Landkreis, Rotem Kreuz, Offener Behindertenarbeit und Volkshochschule für deren Hilfe. In ihren Begrüßungsreden lobten sie zudem die 'vertrauensvolle' Unterstützung durch die Angehörigen. Die Bewohner lachten, als die Heimleiterin ihnen dafür dankte, dass sie es so lange mit ihr und den Betreuern ausgehalten hätten.
Ortsnahe Versorgung im Süden'Das musste hier alles zusammenwachsen', erklärte Kintrup, die das Heim seit der Gründung leitet, bei der Feier. Da die Männer und Frauen von zuhause kamen, hätten sie sich zunächst nicht gekannt. Mittlerweile sei das Heim für alle ein Zuhause geworden. 'Der Zusammenhalt ist groß', sagte sie. Zwei männliche Bewohner wagen jetzt mit dem 'ambulant begleiteten Wohnen' den nächsten Schritt in die Selbstständigkeit. Darauf seien beide, etwa in hauswirtschaftlichen Dingen, vorbereitet worden. Seit September 1996 besteht das Marktoberdorfer Wohnheim der Lebenshilfe Ostallgäu. 'Bis dato war das nächste Wohnheim in Kaufbeuren', erklärte Kimmig. 'Wir wollten aber die Menschen in Marktoberdorf und dem südlichen Landkreis ortsnah versorgen.'Unter dem Applaus des Personals, der Angehörigen, Gästen aus anderen Wohnheimen, aus der Nachbarschaft und von vielen Institutionen führten die Bewohner auf der Feier ein Lied auf. Anschließend ging das bunte Programm mit Kettcar-Hindernisparcours, Blasmusik und dem Auftritt des Zauberers Alex weiter. Diejenigen, die schon seit der Gründung 'dabei sind' (darunter 17 Bewohner), erhielten von Claudia Kintrup Urkunden.