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So bunt und interessant wie die Welt selbst

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So bunt und interessant wie die Welt selbst

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    Von Christine Rothauscher, Kempten - Der junge Mann schaute die kleine Schwarze an und bekam leuchtende Augen: 'Die wäre mein Traum' flüsterte er. Aber, wie es oft so läuft im Leben - sein 'Traum' war bereits in festen Händen. Wer jetzt allerdings an eine schwarzhaarige Dame denkt, liegt voll daneben. Die Rede ist vom ersten deutschen Postwertzeichen aus dem Jahre 1849 - dem 'Schwarzen Einser'. Auf der Börse des Briefmarkensammlervereins Kempten war der 'Einser' für die Sammler ein begehrtes - jedoch unverkäufliches - Exponat. Wer auf der Briefmarken- und Münzbörse durch den Saal im 'Haus Hochland' spazierte, wird es bestätigen: Das Suchen und Finden, das Kaufen und Verkaufen der kleinen eckigen Bildchen namens Briefmarken scheint überwiegend Männersache zu sein. Da schreitet ein Vater mit seinen drei Buben von Stand zu Stand, blättert in unzähligen Alben, zeigt und erklärt seinem Nachwuchs, dass Ersttagsbriefe mit zugehörigem Stempel 'der ganze Stolz eines jeden Sammlers ist'. Oder die zwei weißhaarigen Herren, die sich weltentrückt, die Lupe vor den Augen, über einen Satz mit Zehn-Pfennig-Marken beugen und schachern, was das Zeug hält: 'Schön sans scho, aber viel zu teuer', sinniert der eine halblaut vor sich hin. 'Aber des weiß jeder, dass diese Marken aus der Inflationszeit ihr Geld wert sind', kontert sein Gegenüber. Ob die beiden Philatelisten (so der offizielle Name der Briefmarkensammler) sich einig werden? Wer weiß. Auswahl an schönen, weniger und mehr werten Postwertzeichen mit allen möglichen Motiven gibt es jedenfalls genug: mit Schmetterlingen, Flugzeugen, Sportlern, Politikern und anderen prominenten Köpfen, Gebäuden oder Gedenkdaten.

    Freilich, auf schöne Farben oder lustige Figuren wie die Walt-Disney-Markenserie 'kommt es weniger an für Sammlerfüchse', erklärt Michael Beck. Der Kemptener weiß, wovon er spricht, schließlich hat er bereits als Erstklässler angefangen. 'Die ersten hab' ich einzeln am Postschalter gekauft, später ganze Seriensätze - soweit das Taschengeld halt reichte', sagt er. Ob diese Investition auch Gewinn brachte? Darauf sei es ihm nicht angekommen, seine 'Sammlerleidenschaft' sei ihm stets wichtiger gewesen, verrät der 35-jährige Immobilienkaufmann. So ist es auch bei Werner Bosch und Hermann Bodtner. Die beiden Philatelisten wollen sich auf der vielbesuchten Börse nicht von ihren 'Briefmarkenschätzen' trennen. 'Wir gucken nur nach neuen', erzählen sie. Wie diese drei Mitglieder des Briefmarkensammlervereins denkt auch Gertrud Vahlbach. Sie ist unter den Philatelistenfreunden in Kempten als Frau 'eher eine Ausnahme', sagt sie. Allerdings eine sehr aktive Ausnahme. Denn die Pensionistin leitet seit langem die Jugendgruppe des Vereins und bringt Acht- bis 16-Jährigen das Sammlerhobby näher, 'das so bunt und interessant ist wie die Welt selbst'. Da spricht die begeisterte Philatelistin den zahlreichen Besuchern der Briefmarken- und Münzbörse sicher aus der Seele. Und wohl auch jenem jungen Mann, dessen Traum vom 'Schwarzen Einser' nicht in Erfüllung ging.

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