Artikel: Snowboardern fehlt Anlaufstelle

9. Januar 2003 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Neuer Verbandschef Timm Stade aus Oberreitnau will sich um die Allgäuer Szene kümmern

Von unserem Mitarbeiter Roland Wiedemann, Lindau/Wertach - Arbeitsverträge ausarbeiten, nach Personal suchen und Geldquellen erschließen. Timm Stade fühlt sich derzeit wie ein Firmengründer. Einfach ist die Aufgabe wahrlich nicht. Der 34-Jährige, der in Blaichach aufgewachsen ist und seit fünf Jahren in Oberreitnau bei Lindau wohnt, ist der erste Geschäftsführer des neugegründeten Snowboardverbandes Deutschland (SVD) mit 45000 Mitgliedern. Anfang Dezember hatten sich die Vertreter der German Snowboard Association (GSA) und des Deutschen Skiverbandes (DSV) auf die Gründung eines eigenständigen nationalen Snowboardverbandes geeinigt. Nun gilt es, Funktionäre und Sportler zweier bislang rivalisierender Gruppierungen unter einem Dach zu vereinen. Stade erschien den Vertretern beider Verbände als der geeignete Mann an der Spitze der neuen Organisation. Als Mitglied des DSV-Lehrteams im Bereich Snowboard kann der ehemalige Olympia-Teilnehmer im Windsurfen (Barcelona) die sportliche Kompetenz vorweisen. Zudem verfügt er als ehemaliger Mitarbeiter in der Marketingabteilung eines österreichischen Skiherstellers über betriebswirtschaftliche Erfahrungen. Stade weiß aber auch, dass er angesichts der Entstehungsgeschichte des neuen Verbandes diplomatisches Geschick beweisen muss. 'Es hatte sich die Einsicht durchgesetzt, dass an der schädlichen Situation etwas geändert werden muss', meint der SVD-Geschäftsführer zu den Hintergründen der Fusion. Bei nationalen Titelwettkämpfen fuhren in der Vergangenheit nicht die besten deutschen Snwoboardfahrer gegeneinander. Und auf internationaler Ebene setzte sich der Separatismus fort: Während der eine Teil der Athleten in der Serie des Welt- Skiverbandes FIS Weltcup-Punkte sammelte, gingen die GSA-Fahrer nur bei Wettkämpfen der ISF (International Snowboard Federation) an den Start. Weil mittlerweile der ISF-Verband Konkurs angemeldet hat, erledigte sich das Problem auf internationaler Bühne von selbst. Nun galt es, die Gunst der Stunde zu nutzen und in Deutschland die Einheit herzustellen.

Alle integrieren 'Mit dem neuen Verband versuchen wir alle Snowboarder zu integrieren', gibt der Verbandschef als Ziel aus. ' Wir werden eng mit dem DSV zusammenarbeiten. Aber wir wollen nicht das fünfte Rad am Wagen sein', fügt Stade hinzu. Denn als solches fühlten sich gelegentlich jene Snowboarder, die bislang im Deutschen Skiverband organisiert waren. Dabei will Stade nicht allein den DSV-Funktionären die Schuld dafür in die Schuhe schieben. 'Ein bisschen sind die Snowboarder auch Sonderlinge', meint Stade. Und Sonderlinge haben nun mal ihre Schwierigkeiten mit Vereins- und Verbandstrukturen, weiß der frühere Spitzensportler. Bestes Beispiel dafür ist die Snowboard-Szene im Allgäu. Zwar gebe es hier einige gute Fahrer, so Stade, aber als Wettkampsport finde Snowboardfahren hier nicht statt. 'Anders als in Berchtesgaden, in Oberwiesenthal oder im Schwarzwald, wo Stützpunkte aufgebaut wurden, wird im Allgäu kein organisiertes Training angeboten', bedauert der SVD-Geschäftsführer. 'Es gibt niemanden, der sich dahinterklemmt.' Das soll sich ändern, hat sich Timm Stade vorgenommen.

Unger zur WM Immerhin hat sich mit Sven Unger ein Wertacher für die Snowboard-Weltmeisterschaft qualifiziert. Wegen einer Knieverletzung ist allerdings der Start des Boardercross-Spezialisten bei den Titelkämpfen nächste Woche im österreichischen Kreischberg fraglich. Unger könnte ihm dabei helfen, das Feld im Allgäu zu beackern, hofft Stade. Bislang habe aber die Zeit für ein Gespräch in dieser Sache gefehlt, erklärt der vielbeschäftigte Verbandsfunktionär. Stade könne auf seine Unterstützung bauen, betont Unger. Auch er bemängelt, dass es im Allgäu keine Anlaufstelle für Snowboardfahren als Wettkampfsport gibt. Denn die Zahl der Talente ist seiner Einschätzung nach groß. 'Im Allgäu gibt viele es gute Snowboarder', so Ungers Eindruck. 'Vielleicht sogar die besten in ganz Deutschland.'