Von Klaus Schmidt |SonthofenAuch die Allgäuer Kunstszene spiegelt offenbar aktuelle Tendenzen wider: Eine Renaissance des Gegenständlichen stellt Professor Dr. Walter Stelzle, Lehrer für Marketing an der Hochschule Kempten, in der zeitgenössischen Kunst fest. Und diese These, die er in seinen Vortrag zur Eröffnung der "Südlichen 2008" einfließen lässt, untermauert dann die Jahresausstellung Bildender Künstler des südlichen Oberallgäus und der österreichischen Exklaven Kleinwalsertal und Jungholz eindrucksvoll.
Gegenständliche Darstellungen dominieren in der Sonthofer Markthalle. Und auch der erste von drei Preisen, der innerhalb dieser Ausstellung vergeben wird, der sogenannte "Erste Ankauf", getätigt von der Sparkasse Allgäu, stützt Stelzles These mit einer Art programmatischem Bekenntnis: Ausgezeichnet wird der Sonthofer Franz Meier, schon seit Jahrzehnten ein vehementer Verfechter der gegenständlichen Malerei - und einer ihrer prominentesten regionalen Vertreter. Erst kürzlich wurde er mit dem Kunstpreis der Stadt Kempten bedacht.
Meier erhält den neuen Preis für sein Ölgemälde "Digitales Schauen", das laut Sparkassen-Vorstandsmitglied Gerhard Dorn die Wahrnehmung von virtuellen und wirklichen Bildern hinterfragt. Das Werk zeigt eine dicht zusammengedrängte Menge, die ein Ereignis verfolgt. Einigen Menschen scheint dabei der Schnappschuss mit dem Fotoapparat wichtiger als das Erlebnis selbst zu sein.
Vertieft der Künstler in diesem Werk vor allem aktuelle Medienbilder, so greift der ehemalige Kunsterzieher im beeindruckenden Ölbild "Malergarten" auf Claude Monets stille Naturimpressionen zurück: Die Brücke über dem Seerosenteich ist allerdings in Meiers moderner Variante von Menschen bevölkert, die das Naturschauspiel eher gelangweilt zur Kenntnis nehmen.
Den unsensiblen Umgang des Menschen mit der Natur hat Hans Friedrich, wohnhaft in München, bereits in den 1970er Jahren thematisiert. Er, der heuer erstmals zur Südlichen eingeladen wurde - zusammen mit etwa 20 weiteren Künstlern, die im Oberallgäu aufgewachsen, aber heute anderswo erfolgreich sind - , zeigt ganz bewusst diese alten Bilder. Vor allem die "Schneewunde" von 1978 erweist sich dabei als zeitloses Meisterwerk: Feine Pinselstriche formen sich zu Reifenspuren im Weiß, die das Erdreich wie blutende Abschürfungen preisgeben.

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Ausgemergelte Gestalt
Doch nicht nur herausragende Arbeiten einiger Weggezogener bereichern diese "Südliche". Auch Künstler vor Ort setzen wieder neue Akzente auf hohem, ja zum Teil sogar höchstem Niveau: Eine sehr bewegende Bronzeskulptur hat der Bildhauer Willi Tannheimer (Hinterstein) mit dem "Negerjungen" geschaffen. Die vom Hunger ausgemergelte Gestalt stützt sich auf einen dürren Stecken, der nur um weniges dünner ist als die Beine des nackten Knaben.
Vieles Interessantes ist in dieser "Südlichen" zu entdecken. Man sollte sich allerdings viel Zeit nehmen, um die rund 200 Arbeiten von etwa 50 Künstlern gebührend würdigen zu können.
Dass diese Zeit gut investiert ist, dessen ist sich Walter Stelzle sicher: "Von Kunst und Kultur holt sich der moderne Mensch vieles, was er zum Bestehen der Zukunft braucht." In der "Südlichen 2008" lassen sich so manche Lebenstipps finden.
"Die Südliche 2008" in der Sonthofer Markthalle ist bis 16. November, jeweils mittwochs bis sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet.