Waal(wid). - Beim Betreten des Hauses fällt der Blick sofort auf einen Kalender, der ein Fahrzeug zeigt, das von einem anderen Stern zu stammen scheint - nostalgisch und futuristisch zugleich: eine Isetta. Bleistiftzeichnungen und Schilder mit weiteren Modellen der berühmten 'Knutschkugel' oder 'Rennsemmel', wie sie im Volksmund oft genannt wurde, zieren die Wände. Eins ist klar: in diesem Haus dreht sich (fast) alles um die Isetta. Kein Wunder, denn Hans Rothkegel aus Waal gilt als weltgrößter Ersatzteilhändler für das Kultobjekt aus den 50er und 60er Jahren. Die Geburtsstunde der Isetta schlug am 5. März 1955 in Rottach-Egern im Hause der Bayerischen Motorenwerke. Um Otto Normalverbraucher ein halbwegs erschwingliches Auto bieten zu können, setzte BMW wie die Konkurrenz auf das Segment der Kleinstwagen. Angetrieben von einem Einzylinder-Zweitaktmotor mit 245 Kubikzentimetern, der rund zwölf PS leistet, erreicht sie eine Höchstgeschwindigkeit von rund 85 Stundenkilometern. Über 160000 Exemplare liefen vom Band, ehe die Produktion 1962 eingestellt wurde. 'Die erste Begegnung mit einer Isetta hatte ich vor über 36 Jahren', erinnert sich Hans Rothkegel aus Waal zurück, 'damals habe ich Isettas ausgeschlachtet, um an Ersatzteile für mein Moped zu kommen.' Mit Erwerb des Autoführerscheins musste natürlich eine Isetta her. 'Für 400 Mark habe ich mir eine aus dem Jahr 1957 gekauft, die ich bis zum Abitur gefahren habe.' Während des Studiums legte Rothkegel eine Isetta-Pause ein, ehe er sich - wie auch seine Studienfreunde - wieder ein kostengünstiges Gefährt als Spaßauto zulegte. Sogar eine Urlaubsreise nach Südfrankreich wurde mit der Isetta zurückgelegt. Das Modell aus seiner Studienzeit hat Rothkegel noch immer in der Garage stehen, es soll demnächst komplett restauriert in neuem Glanz erstrahlen. Die runde, knuffige Form macht das extravagante Fahrzeug für Rothkegel zum 'absoluten Kultobjekt'. Noch dazu sei es für Menschen mit Rückenproblemen sehr komfortabel, in die Isetta zu steigen. Denn der Einstieg erfolgt durch die aufklappbare Vordertür, an der das Lenkrad befestigt ist. 'Damals hat es kaum Ersatzteile gegeben und ich habe auch für meine Freunde immer was von Oldtimertreffen mitgebracht und schließlich angefangen, Seriennummern und Bezugsadressen zu katalogisieren', berichtet Rothkegel. 1979 füllten die gesammelten Daten rund um das 'rollende Ei' einen ganzen Ordner. Die Leidenschaft für die 'Knutschkugel' nahm jedoch damals ungeahnte Ausmaße an: Rothkegel hat inzwischen einen Versandhandel mit eigenem Katalog gegründet. So fiel auch die Berufswahl nach dem ersten Staatsexamen nicht wie ursprünglich geplant auf Mathe-Gymnasiallehrer, sondern auf Isetta-Ersatzteil-Händler.
Rund 200 Zulieferfirmen Die Nachfrage sei ungebrochen. 'Ich schätze, dass weltweit noch rund 12000 Fahrzeuge unterwegs sind. Zweitgrößter Absatzmarkt für Ersatzteile sind nach Deutschland die USA', berichtet der 54-Jährige. Im vergangenen Jahr sei ein Besucher sogar bis aus Indien eigens nach Waal gekommen, um Isetta-Zubehör zu besorgen. Rund 200 Zulieferfirmen weltweit beauftragt Rothkegel mit extravaganten Aufträgen wie dem Verchromen von Kunststoffen oder dem Nachfertigen nicht mehr aufzutreibender Ersatzteile. 'Die Isetta ist heute wohl der beliebteste und meist gefahrene Nachkriegsoldtimer', so Rothkegel weiter, 'die heutigen Preise übersteigen den Neupreis um das Zehnfache. Die Faszination der Isetta lebt einfach weiter.'