Tradition wird beim Landgasthof Brem groß geschrieben. Von Katja Egli Buchloe/Ketterschwang Stolz präsentiert Anton Brem das Wappen seiner Familie. Das Original ist in einem alten, mit Gold verziertem Holzrahmen gefasst und stammt ungefähr aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Das bunte Wappen zeigt 'vermutlich zwei Herbstzeitlose' und ein Insekt. Daneben steht 'Brem Gastwirt Ketterschwang Haus Nr. 45' und darunter die Geschichte des Hofes. '1585 wurde die Tavernwirtschaft zum ersten Mal erwähnt', erzählt der Wirt, der den traditionsreichen Familienbetrieb mit der Landwirtschaft 1969 von seinem Vater übernommen hat.
'Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus ', tönt es aus dem Saal beim 'Landgasthof Brem' in Ketterschwang. Anton Brem sitzt in seinem Biergarten davor und schmunzelt: 'Das sind die Gewerkschaftsrentner, die kommen alle paar Wochen mit einem Alleinunterhalter hierher.' Auf einer Bank vor dem Haus ruht sich gerade ein Pärchen aus. 'Vor 33 Jahren bin ich mit meinen Eltern zum ersten Mal hier gewesen und mittlerweile bringe ich schon mein eigenes Kind mit', schmunzelt der treue Stammgast neben seiner Frau.
Tradition und Familie wird beim 'Brem' groß geschrieben. Seit 1634 ist der ehemalige Gutshof in Familienbesitz, seit 1747 trägt er denselben Namen. 'Der erste Brem kam aus Huttenwang bei Friesenried', berichtet Anton Brem. 'Unsere Stärke ist der Familienzusammenhalt, wenn Not am Mann ist, sind alle vier Kinder da', freut sich der Wirt.
Sein ältester Sohn German ist Koch und arbeitet in einer Buchloer Kantine. Am Wochenende aber greift er seiner Mutter in der Küche unter die Arme. Der jüngere Anton dagegen schulte nach einer Bäckerlehre zum Landwirt um und kümmert sich um den Hof und das Vieh. Die beiden Töchter, Claudia und Martina, springen beim Bedienen ein. Martina hat das Hotelfach gelernt. Der Vater stolz: 'Sie ist Wirtin mit Leib und Seele und würde den Betrieb auch übernehmen, wenn German es sich anders überlegt'. Momentan haben die Brems alle Hände voll zu tun. Neben den Essensgästen müssen auch die Bewohner der 32 'voll ausgebuchten' Betten im Haus versorgt werden. 'Wir haben gerade sogar Gäste aus Mexiko und England', strahlt der Wirt.
Sichtlich zufrieden führt Anton Brem durch den großen Landgasthof. An den Wänden im ersten Stock hängen Ansichten von Haus und Hof aus verschiedenen Zeiten. Zu jedem Bild weiß er eine Geschichte. '1751 ist der Hof einmal abgebrannt, der Hebauf für den Neubau war ein Jahr später genau in der Woche vor Weihnachten.' Brem steht vor einem Flurplan aus dem Jahre 1881 vom 'Gasthaus und Bierbrauer zu Ketterschwang': 'Das ist der alte Grundriss, insgesamt hatten wir einmal 74 Teilflächen', erklärt er, 'aber 1934 hat mein Großvater das Gut geteilt'.
Austragshaus abgerissen
Eine Luftaufnahme aus den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zeigt noch das mittlerweile abgerissene, vordere Austragshaus, in dem die Gäste früher ihre Pferde untergestellt haben. Anton Brem deutet auf die Stallwand, die direkt an die Straße grenzte: 'An die Ecken sind ab 1944 die Amis oft mit ihren Lkw gerammt', scherzt der 62-Jährige, 'doch irgendwann hatten wir einen ulkigen Maurer, der nach seinen Ausbesserungsarbeiten meinte, ,wenn da jetzt einer reinfährt, überlebt er\'s nimmer`.' Heute ist die besagte Wand ein Stück zurückversetzt und damit nicht mehr so gefährlich für Autos.
Unten in der Wirtschaft steht in einem Schaukasten ein 'uraltes Salzfuhrwerk' mit Kutscher und Pferden in Miniatur 'Zur Erinnerung an unsere Lage direkt an der Salzstraße', erläutert Brem. Gleich nach dem Eingang durch die Haupttür bleibt Brem wieder stehen. Er zeigt auf ein kleines Fenster mit einer Klingel daneben, den Gassenausschank. 'Da zogen die Bauern früher an der Glocke und ließen sich das Bier zum Mitnehmen in ihre Krüge füllen.' Heute läutet die 'Ketterschwanger Musik' nach der Probe oft an der Klingel, um zu bezahlen.
Draußen erzählt Brem weiter. Da, wo jetzt die Zimmer und darunter der Saal sind, stand bis 1955 das Bräuhaus. Denn bis vor 102 Jahren wurde am Hof eigenes Bier gebraut. Der Anschlag neben der Eingangstüre erinnert an die einstige Brauerei. Ein schmiedeeisernes Malzfass mit Gerstenähren und Malzschaufel und eine Traube der eigentliche Name des Landgasthofes lautet so ragen von der Hauswand. 'Wir haben früher oft Stühle und Tische provisorisch raus gestellt', erinnert sich Brem,'so hat sich unser Biergarten nach und nach entwickelt'. In dessen Mitte steht eine fast haushohe Kastanie: 'Die habe ich selbst mit drei oder vier Jahren gepflanzt.' Ein Teil der Bestuhlung im Biergarten ist überdacht und geschützt von einer Pergola, 'an der eigentlich Hopfen rankt'. Doch 'eine Angestellte hatte heuer den Auftrag, das Unkraut dort zu jäten und riss leider alle Hopfenpflanzen raus', ärgert sich Brem. Die Gäste stören sich offensichtlich nicht an dem Missverständnis, sondern genießen in der Abendsonne Speis und Trank.