Von Christine Rothauscher Waltenhofen-Memhölz Beim legendären Beruferaten 'Was bin ich?' hätte Rolf Märkli große Chancen, sein Sparschwein randvoll zu bekommen. Und würde er eine typische Handbewegung machen, könnte man auf Dentist oder Zahntechniker tippen. Alles falsch: Der Schweizer mit Heimatadresse Waltenhofen ist Örgelebauer - und nach seiner Kenntnis einer von nur ganz wenigen zwischen Trettach und Donau. Das heißt: Rolf Märklis Welt sind Musikinstrumente, in seiner Werkstatt landen Akkordeon und Harmonika. Wer eben diese Werkstatt von Rolf Märkli betritt, sieht nicht gleich sein Handwerkszeug sondern das obere Illertal. Wie ein buntes Panoramabild breitet es sich vor den Sprossenfenstern aus und vom Süden grüßen Grünten und Nebelhorn herüber. Kein Wunder, wenn man weiß, dass das umgebaute Haus des Örgelebauers südwestlich von Waltenhofen auf exakt 888 Höhenmetern liegt. Wie kann sich jemand bei solch traumhafter Fernsicht auf millimeterfeine Maßarbeit konzentrieren? 'Warum it, beides inspiriert mi', sagt Märkli und setzt sich an seinen dicht bestückten Werktisch: Zangen, Feilen, daneben Pinzetten, scharfe Messer und reihenweise Mess-Instrumente umrahmen diesen Arbeitsplatz - und wer diese Werkzeugsammlung sieht, glaubt in einem Zahnlabor zu stehen. Wäre da nicht die rote Knopfharmonika, die so gar nicht ins Bild passt. 'Die ist eine meiner Patientinnen', witzelt der Mann in der blauen Handwerkerschürze und weist auf weitere Harmonikas, die reihenweise auf seine 'Behandlung' warten.
Das mit den 'Patientinnen' passt freilich nur bedingt, denn der Handzuginstrumentenmacher - wie der 'Örgelebauer' in der Fachsprache heißt - verhilft nicht nur maroden Musikinstrumenten zu neuem Klang und Glanz, er restauriert auch historische Instrumente und entwirft und baut neue. Dabei entstehen unter seinen schlanken Händen genau die Unikate, wie sie von seinen Kunden gewünscht werden. Viel Millimeterarbeit und jede Menge Zeit müsse er investieren. 'Da darf man die Stunden und Tage nicht zählen', weiß der Allgäuer Örgelebauer mit Schweizer Wurzeln und Familiennamen. Geboren ist er freilich in Waltenhofen, erlernte in Kempten den Beruf des Feinmechanikers, ging drei Jahre auf die Walz und umkreiste anschließend als Arbeitsgeselle einmal die Erdkugel. Nach einem Praktikum bei einem weltbekannten Harmonika-Großunternehmen lernte er den alten Handwerksberuf des Handzuginstrumentenmachers, bildete sich im Selbststudium weiter und legte schließlich die Meisterprüfung ab. Damit endete für den Allgäuer auch sein 'Zugvogelleben', wie er es nennt. Im Jahr 1988 gründete er neben einer Familie auch eine eigene Örgele-Werkstatt. Ist dieser uralte Beruf nicht auch ein aussterbender Beruf? 'Sicher it', winkt der Handwerksmeister ab. Schließlich gebe es eine stete Nachfrage nach den hochwertigen Musikinstrumenten 'und zum Flicka gibt’s allet ebbes'. Märkli ist inzwischen seit fast 20 Jahren selbstständig und seine Unikate werden von Berufsmusikern aus dem Allgäu, an der Donau und im Schwarzwald, an der Waterkant und bis Südtirol geschätzt. Ob er denn auch selbst musiziert? 'Wenn ich Zeit habe, gerne', meint er und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: 'Noch lieber bin ich freilich Zuhörer, wenn meine Frau und meine sechs Töchter für mich aufspielen.'