Die Schweinegrippe ist rasant auf dem Vormarsch, auch in Stadt und Land. 'Wir haben nun 180 bestätigte Fälle', bezifferte Dr. Ludwig Walters vom Gesundheitsamt Oberallgäu die Lage am Montagnachmittag. Zum Vergleich: Vorige Woche waren es noch 63 Menschen in Kempten und im Oberallgäu, die sich mit dem Schweinegrippe-Virus angesteckt hatten. Allein am Wochenende wurden dem Gesundheitsamt etwa 50 neue Fälle gemeldet. 'Seit zwei Wochen registrieren wir eine steigende Zahl an Schweinegrippe-Fällen. Am Mittwoch und Donnerstag ist diese dann regelrecht explodiert', so Walters. Betroffen seien vor allem Kinder und Heranwachsende. 'Gerade die verbreiten das Virus besonders schnell in Schulen und Kindergärten', unterstreicht Dr. Thomas Lorentz. Je mehr Menschen sich mit dem Erreger infizieren, desto wahrscheinlicher ist es laut dem Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbandes Kempten, dass das Virus mutiert und richtig gefährlich wird.
Interesse noch gering
Wie aber halten es die Kemptener und die Oberallgäuer mit dem Impfen gegen die Schweinegrippe? "Das Interesse der Bevölkerung ist noch ziemlich gering", weiß Lorentz. Als Hauptursache nennt der Mediziner die Angst vor Nebenwirkungen. Das bestätigt der Kemptener Hausarzt Dr. Johann Batea: Erst zwei seiner Patienten hätten den Wunsch geäußert, sich impfen zu lassen. Auch bei Allgemeinmediziner Dr. Wilhelm Adelung ist die Nachfrage noch "sehr zögerlich".
Und wie kann die Zukunft aussehen? "Über 90 Prozent der Menschen, die sich nicht gegen die Schweinegrippe impfen lassen, werden im Laufe des nächsten Jahres an dem Virus erkranken", meint der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbandes. Dr. Thomas Lorentz will sich jedenfalls "samt Familie inklusive meiner drei Kinder" impfen lassen und empfiehlt jedem Bürger, das Selbe zu tun.
Der Grund: "Wir wissen nicht, was passieren wird", warnt Lorentz und verweist auf die dramatische Entwicklung der Spanischen Grippe im Jahr 1918: Die erste Ausbreitungswelle im Frühjahr wies - ähnlich wie die Lage der Schweinegrippe - keine merklich erhöhte Todesrate auf, da das Virus noch relativ harmlos gewesen sei. Erst nach der Herbstwelle und der späteren, dritten Welle im Frühjahr 1919 hätten sich in Deutschland zwei von drei Bürgern an dem Virus infiziert. Insgesamt starben weltweit etwa zwischen 25 Millionen und 50 Millionen Menschen an der Spanischen Grippe. Ein Szenario, das sich freilich nicht wiederholen müsse, aber durchaus könne, ergänzt Lorentz.
Aktuelle Zahlen veröffentlicht das Bayerische Landesamt für Gesundheit im Internet unter: www.lgl.bayern.de