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Schutzpatron Nikolaus hat Gunzesried vor Krieg bewahrt

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Schutzpatron Nikolaus hat Gunzesried vor Krieg bewahrt

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    Von Veronika Krull |Blaichach-Gunzesried"Die Franzosen schauten auf den Höhen in das Gunzesried und zogen sich zurück!" Was der damalige Schultheiß des Bergdorfs, Finkel, vor mehr als 200 Jahren als "merkwürdige Begebenheit in dem bedrängten Kriegsjahr 1796" aufzeichnete, war den Dorfbewohnern wie ein Wunder vorgekommen. Hatten sie doch zuvor ihren Schutzpatron, den heiligen Nikolaus, "um Abwendung allen Übels" angefleht. Dabei hatten sie zugleich ein Gelübde abgelegt, um vor Krieg und Not verschont zu werden. Noch heute halten sich die seit vielen Jahren zur Gemeinde Blaichach gehörenden Dorfbewohner an dieses heilige Versprechen. So ist der heutige 6. Dezember immer noch ein "Feiertag".

    Wer es eben ermöglichen kann, nimmt sich am Namenstag des Schutzpatrons frei. Die Grund- und Hauptschulkinder fahren an einem 6. Dezember (heuer ist es halt ein schulfreier Samstag) nicht nach Blaichach zur Schule, sondern bleiben im Dorf. Sie treffen sich im alten Schulhaus zu einer Religionsstunde, bevor sie mit ihren Familien in der St.-Nikolaus-Kapelle an einem feierlichen Hochamt teilnehmen. Am Ausgang gibt es dann für jedes Kind einen geweihten Apfel. Die Religionsstunde gestaltet Ortspfarrer Martin Bummele gemeinsam mit einigen Müttern: Der Geistliche versucht dabei, die Gestalt des heiligen Nikolaus "griffig" zu machen. Er hält den Patronatstag für eine "gute Sache" und hofft, dass die Gunzesrieder die Tradition weitertragen.

    Der achtjährige Ludwig Gehring jedenfalls freut sich noch immer, dass er in den vergangenen zwei Jahren an St. Nikolaus nicht in den Schulbus nach Blaichach steigen musste. In seiner Klasse blieben letztes Jahr drei Buben und "ganz viele Mädchen" daheim. Ganz offiziell, nachdem sie einen Antrag auf Schulbefreiung eingereicht haben. Walter Höß, seit sechs Jahren Leiter der Volksschule Blaichach, zeigt mehr als nur Verständnis. Höß hält es für "eine tolle Sache, wenn sich ein Dorf zusammentut". Dies noch dazu in einer Zeit, in der Gemeinschaftsgeist und das Gefühl des Miteinanders "unterentwickelt" seien.

    Nach dem Hochamt - auch das Tradition - geht es zum Weißwurst- essen beim Dorfwirt, erzählt Ludwigs Tante Irene Gehring (77). Sie war 19 Jahre lang Lehrerin in Gunzesried. Zu Mittag gibt es dann in vielen Familien ein Festessen, so wie bei Rosemarie Waibel, die 1971 "hergeheiratet" hat, aber die Tradition von der Schwiegermutter übernommen hat. Zum Essen kommen die Brüder ihres Mannes mit den Familien. Aufgetischt wird eine Knödelsuppe, ein Rinder- oder Hirschbraten.

    Bereits am Vorabend des Nikolaustags haben sich die Bewohner auf dem Dorfplatz getroffen: Dort las Irene Gehring die wundersame Geschichte von der Errettung Gunzesrieds vor, bevor der Nikolaus, begleitet von den Klausen, zweispännig vorfuhr. Für Bürgermeister Otto Steiger ist es stets eine "Ehre", dabeisein zu dürfen.

    Er sieht den Feiertag in Gunzesried als ein Stück "Ortskultur": "Es gehört zu einer Gemeinde, zum ländlichen Leben, dass Traditionen über Jahrhunderte aufrechterhalten werden."

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