In der Dunkelheit leuchten zwei Flammen auf. Fackelträger führen den Zug aus 4000 Narren den Schweizerberg herunter. Die Zunftmeister Christian Haase und Martin Speckle heizen die Stimmung auf dem Memminger Weinmarkt an.
Die beiden stehen auf der Ladefläche eines Lkw und brüllen ins Mikro: "Wo nei?" - "DBach nei!" schmettert die Menschenmasse zurück. Es riecht nach Zuckerrohrschnaps und Limetten. An einem Stand wird heißer Caipirinha verkauft.
Dann vibriert der Körper von den dumpfen Trommelschlägen der Hausemer Guggamusik und die Veranstalter, die Memminger Stadtbachhexen, halten Einzug. Die Musikkapelle und die vier Maskengruppen der Zunft, die Figuren Stadtbachhexe, Mau-Fischer, Memminger Mau und Grüner Teufel, bilden den Kopf des Gaudiwurms aus 77 Vereinen. Die Hexen mit hervorstehendem Kinn, Warze und einem einzigen Zahn stecken ihre Besen zusammen und heben eine von ihnen hoch in die Luft. Das Publikum klatscht begeistert.
Laut Veranstalter drängen sich rund 22000 Besucher an den Straßenrändern. Eine davon ist die dreijährige Sophia Rohr. Gerade zieht die Lachende Kuh Isny mit dem Ruf "He - Muh" vorbei. Eine Kuh mit Schellen, roten Hörnern und gelbem Nasenring zupft an den Zöpfen der kleinen Pippi Langstrumpf und die Dreijährige, die in einer roten Skihose steckt, lacht. "Der Nachtumzug ist toll."
Bonbons für die Enkelin

Rathaussturm und Faschingsauftakt
Rathaussturm in Memmingen - Jetzt regieren wieder die Narren
Das findet auch Horst Sommer. Ein Riederweible aus Niederrieden klaut dem Rentner seine Baseballkappe, und als die Narrenzunft Bad Schussenried kommt, schreit er lauthals: "Schuri, Schura, Schurum." "Das Mitmachen ist schön", strahlt der Memmingerberger und hält die zurück erbettelte Kappe um Bonbons für seine Enkelin auf.
Gegenüber tanzen vier Schülerinnen aus Dettingen zur Guggamusik von Los Krachos. "Wir haben viel Spaß am Fasching", sagt Anne Weiß und fügt hinzu: "Und an den Festle danach." Nach dem Umzug findet im Festzelt auf der Grimmelschanze eine große Party statt.
Ob Stoibeißer Kirchdorf oder Daaschora Weibla Tannheim: "Die Masken gefallen mir super gut", ist Herbert Steger aus München begeistert. So etwas gebe es in der Großstadt nicht. Seine Frau Ursula ist eine gebürtige Memmingerin: "Ich mag die schwäbisch-alemannische Fastnacht. Die traditionellen Masken haben Aussagekraft."
Dann regnet eine handvoll Konfetti auf das Paar. "Gut, dass da ein Deckel drauf ist", sagt Herbert Steger, zeigt auf seinen Becher mit Glühwein und bewegt sich zur Musik der Lumpenkapelle Aitrach: "Da kann man sich die Füße aufwärmen."
"Echt cool" und "sehr gute Stimmung"
Wenn in zwei Jahren der siebte Umzug der Stadtbachhexen stattfindet, will Steger unbedingt wieder nach Memmingen kommen. Gerade treibt die letzte Gruppe, die rotäugigen Buxheimer Teufel, ihr Unwesen. "Die Stimmung war sehr gut", freut sich Rentner Sommer. "Er hat reichlich Beute gemacht", schmunzelt seine Nachbarin mit Blick auf die Bonbons und die vier Dettinger Schülerinnen sagen: "Es war echt cool." Kalt ist ihnen nicht. "Wir waren immer in Bewegung."
Seite 31, Allgäu-Rundschau