Memmingen: Schöne Frauen

17. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Feierliche Übergabe - Zwei neue, höchst unterschiedliche Werke halten Einzug in das Strigel- und das Antonitermuseum in Memmingen

Zwei Bilder, ein außergewöhnlicher Neuzugang für das Strigelmuseum und eine neue, spannende Variante einer "Versuchung des Heiligen Antonius" für das Antonitermuseum, standen im Mittelpunkt eines Festaktes, mit dem der Einzug dieser Werke in die Dauerausstellungen im Antonierhaus gewürdigt wurde. Unterzeichnet wurde in diesem Rahmen auch der Leihvertrag zwischen der Stadt Memmingen und der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim, der den dauerhaften Verbleib des Porträts "Bildnis einer vornehmen Dame" (um 1520) des Memminger Meisters Bernhard Strigel im Museum sichert.

Seit 1967 hing dieses Bild im Chefbüro der Sparkassen-Hauptstelle. "Für so eine schöne Frau ist ein Mann zu wenig", meinte dazu augenzwinkernd Sparkassen-Vorstandsvorsitzender Thomas Munding, der es nun einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Kulturamtsleiter Dr. Hans-Wolfgang Bayer führte die Festgäste in das Meisterwerk des Memminger Malers (1460 bis 1528) ein, mit dem dieser zugleich den kunstgeschichtlichen Weg in die Moderne markierte: die Bildgattung Porträt wurde nämlich in dieser Zeit erst geboren (und ein solches aus seiner Werkstatt war bisher im Strigelmuseum noch nicht vertreten).

Auf höchstem handwerklichen Niveau schuf Strigel das Brustbild der noblen Dame - vermutlich sogar als gemalten Ehevertrag, denn Blumensträußchen, Wappenring, Schmuck, Kleiderstoff und die bilddominierende Haube deuten darauf hin, dass sie bereits vergeben ist. Auffällig ist auch der Bildhintergrund des Porträts: in der Manier der niederländischen Meister öffnet hier auch Strigel den Raum ganz hin zur Landschaft. Auch den spannenden Weg des erst spät katalogisierten Werkes aus dem Besitz des Kunstsammlers Dr. Walter von Pannewitz (1856 bis 1920) aus dessen Villa im Berliner Grunewald über ein "Exil" in Holland bis zu seinem Wiederauftauchen im Auktionshaus Sothebys in London (1966) zeichnete Bayer nach.

Ein Münchner Kunsthändler hat es dort ersteigert, ein Jahr später kaufte es die Sparkasse, um es für Memmingen "zu sichern".

Künstler interessierte die Wollust

Interessante Einblicke vermittelte Museumsleiter Prof. Dr. Kiermeier-Debre in das Werk "Versuchung des Heiligen Antonius" des deutschen Malers Josef Block (1863 bis 1943), das Gero Trebbin (Nürnberg) aus dem Nachlass seines Vaters Dr. Heinrich Trebbin - der Mitglied des Antoniterforums war - dem Memminger Museum gestiftet hat. "Die Antoniuslegende kennt viele Versuchungen", führte Kiermeier-Debre aus, "Künstler hat vor allem die Wollust interessiert, weil sie damit die Erlaubnis hatten, Erotik in ihre Bilder zu bringen".

Während solche Darstellungen bis etwa 1900 einen wahren Sündenpfuhl aus Teufeln, Hexen und Dämonen zeigten, waren sie später meist auf Antonius und seine Verführerin reduziert. Auch Block, der viele biblische Historienbilder schuf, in Breslau geboren ist, lange in München lebte und in Berlin verstorben ist, garnierte sein schönes Mädchen nicht mit Teufelswerk und verzichtete auf die klassischen Antoniusattribute. Es zeigt vielmehr eine Frau am Kreuz, der sich ein Kuttenträger zu Füßen wirft - ähnlich einem zu seiner Zeit schockierenden Werk des belgischen Malers Félicien Rops (1833 bis 1898), das Kiermeier-Debre in seine Ausführungen einbezog.