Kaufbeuren (avu). - Die Wertachtal-Werkstätten für behinderte Menschen testen derzeit eine neue Großküche, in die sie 3,2 Millionen Euro investiert haben. Dort werden Mahlzeiten nach dem so genannten 'Cook & Chill'-Verfahren verarbeitungsfreundlich vorbereitet und an die Kunden ausgeliefert. Das neue Zubereitungskonzept soll die Kapazität zudem erheblich steigern. Nach der Testphase im Sommer, wenn die Produktion voll angelaufen ist, will die Geschäftsleitung der Werkstätten Kunden für das Außer-Haus-Geschäft hinzugewinnen. Cook & Chill heißt soviel wie kochen und kühlen. Bei dieser vor allem in England und den skandinavischen Ländern verbreiteten Methode werden die Speisen zu etwa 97 Prozent vorgegart, anschließend schockartig auf zwei Grad heruntergekühlt und erst dann vor Ort fertig gekocht, wenn sie gebraucht werden. Der Vorteil der neuen Kochmethode: Die Speisen müssen nicht mehr auf den Punkt fertig sein, sondern können in Ruhe vorbereitet werden, während bisher kurz vor Mittag großer Stress herrschte. Auch muss das Essen nicht mehr lange warmgehalten werden und kann schonender gegart werden. 'Die Vitamine bleiben erhalten', so der stellvertretende Küchenleiter Michael Hinz, 'das Fleisch ist saftiger, das Gemüse knackiger.' Nicht mal Pizzas und Pommes Frites würden 'lätschig'. Gut 3,2 Millionen Euro investierten die Wertachtal-Werkstätten in ihre neue Großküche, nach Angaben des Großküchenherstellers Metos die 'modernste Cook & Chill-Küche Deutschlands'. Für den Bau haben die Werkstätten vor Jahren eine stillgelegte Maschinenfabrik in der Nachbarschaft ihrer Zentrale in der Kaufbeurer Porschestraße gekauft. Das 22 Jahre alte Gebäude wurde aufgestockt und saniert. So entstanden neue Therapieräume, die bestehenden Arbeitsräume wurden verbessert.
Finanziert wurde dies nach Angaben von Geschäftsführer Christian Burde zu 40 Prozent mit Eigenmitteln sowie vorwiegend als Darlehen gewährten Geldern von Bund, Land und Bezirk. Die neue Küche ist laut dem stellvertretenden Küchenchef Michael Hinz auf eine Gesamtleistung von 1000 Essen täglich aufgelegt, in Spitzenzeiten können bis zu 1500 Mahlzeiten produziert werden. Die Kapazitäten sind ein bedeutender Faktor, denn es geht nicht nur um Produktqualität. Die Werkstätten möchten auch Geld verdienen. Firmierend unter dem Namen 'Mahlzeit' (Burde: 'Das soll eine Marke werden.') wollen die Köche und Küchenhelfer von hier aus künftig nicht nur die Lebenshilfe-Einrichtungen im Allgäu, sondern auch andere Kunden versorgen. Burde sieht potenzielle Abnehmer in Behörden, Heimen, Kliniken und Schulen - das alles möglicherweise in Zusammenarbeit mit anderen Anbietern in der Region. Hinz beurteilt die bisherige Testphase übrigens als sehr positiv. 'Wir haben gute Rückmeldungen bekommen', sagt er. Rund 150 Werkstätten-Beschäftigte werden derzeit probeweise versorgt und beurteilen die Mahlzeiten. Gleichzeitig werden in der Großküche Strukturen geschaffen, um das 'Außer-Haus-Geschäft' mit seiner Logistik handhaben zu können: Und obwohl der Menschen bei diesem Mammutprojekt im Vordergrund steht, hilft auch Kollege Computer - zum Beispiel bei den Mengenberechnungen für die rund 200 Rezepturen und der Lagerhaltung. Wortweiser Wertachtal-Werkstätten Die Wertachtal-Werkstätten sind eine Einrichtung der 'Lebenshilfe' und bieten Arbeitsplätze für behinderte Menschen an. An den Standorten in Marktoberdorf, der Kaufbeurer Porschestraße und Neugablonz sind derzeit 430 Menschen beschäftigt. Sie arbeiten in der Schlosserei, Schreinerei, Näherei, Elektromontage, Grünanlagenpflege und eben der Großküche. Darüber hinaus sind 160 betreuende Mitarbeiter beschäftigt. Finanziert werden die Werkstätten mit Mitteln des Bezirkes und der Arbeitsverwaltung sowie Spenden; einen Großteil muss die Einrichtung aber selbst erwirtschaften.