VHS-Vortrag klärt über Gewalt in den Medien auf Gefahr für Kinder und Jugendliche Marktoberdorf (nie). Für die Kinder und Jugendlichen unserer Medien- und Konsumgesellschaft gehören neben Fernsehen auch Video- und Computerspiele und das Surfen im Internet zum alltäglichen Freizeitspaß. Aber nicht nur Unterhaltsames und Lehrreiches steht dabei hoch im Kurs. Es existiert ein breiter Markt an gewaltverherrlichenden und pornografischen Medien, zu dem sich immer wieder auch Heranwachsende Zugang verschaffen. Dies wurde den Zuhörern einer VHS-Veranstaltung von Professor Werner Glogauer deutlich gemacht.
Der Augsburger Medienpädagoge Professor Werner Glogauer sieht einen enormen 'Aufklärungsbedarf'. Bei seinem Vortrag, zu dem die Volkshochschule (VHS) in den Marktoberdorfer Rathaussaal eingeladen hatte, betonte er den Zusammenhang zwischen Gewalt in Medien und jugendlichen Gewalttätern. Obwohl die Wirkung von Horrorfilmen und Killerspielen auf das Verhalten der Kinder und Jugendlichen seit langem bekannt und auch wissenschaftlich nachgewiesen sei, werde nicht oder erst zu spät eingeschritten.
Die Eltern sollten 'nicht stumm bleiben', sondern den Medienkonsum ihrer Schützlinge von Beginn an begleiten und wertend eingreifen. 'Rote Ohren' seien ein Warnsignal bei Kindern, das auf starke innere Erregung schließen lasse, sagte Glogauer. Nach seiner Erfahrung gehen rund 40 Prozent der Verstöße gegen das Jugendmedienschutzgesetz auf das Konto der Eltern, weil sie leichtfertig ihren Kindern jugendgefährdende Medien zugänglich machen. Der Umgang mit gewalthaltigen Medien führe bei Kindern und Jugendlichen zu einer 'emotionalen Überforderung'. Zitat Die freiwillige Selbstkontrolle der Medien hat vollkommen versagt!}Professor Werner Glogauer, Medienpädagoge aus Augsburg
Als Folge 'massiven Medienkonsums' träten Abstumpfungs- und Gewöhnungseffekte bis hin zum Realitätsverlust auf. Die Aggressivität nehme deutlich zu. Laut Glogauer ist eine neue 'Qualitätsstufe' durch interaktive Gewaltspiele erreicht worden, bei denen die Jugendlichen direkt in das Geschehen eingebunden sind. Sie würden durch den Spielverlauf darauf abgerichtet, Waffen gegen den Kopf oder die Brust des 'Gegners' wirkungsvoll einzusetzen. Jugendliche Gewaltverbrecher erwiesen sich oft als 'Nachahmungstäter', deren Tat 'wie in einem Film' ablaufe, berichtete Glogauer. Das Jugendmedienschutzgesetz müsse 'viel mehr angewendet werden', fordert der Professor. Bislang wurden 300 Titel indiziert und etwa 3000 Videofilme aus dem Verkehr gezogen. Die zuständige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften in Bonn könne nur auf Antrag tätig werden. Einige Zeilen besorgter Eltern oder Erzieher genügten aber, um eine Überprüfung in Gang zu setzen. Beim Jugendamt liege zudem eine Liste der bereits ausgesonderten Medien auf. Die in den USA von jugendlichen Gewalttätern an Schulen verübten Massaker haben, so führte Glogauer aus, dem Problem eine juristische Wende beigebracht. Inzwischen seien Klagen vor Gericht angenommen worden, die die Produzenten von Gewaltvideos und -spielen aufgrund ihrer Produkthaftung schadensersatzpflichtig machen sollen. Auch in Deutschland werde jetzt dieser Weg beschritten. Für Professor Glogauer ein Licht am Ende eines langen Tunnels.
i Kontaktstellen für Eltern und Schulen zum Thema 'Gewalt in den Medien' sind beim Jugendamt (Tel. 0 83 42/9 11-2 49) sowie bei der Abteilung Gesundheitswesen beim Landratsamt (Tel. 0 83 42/9 11-6 01) eingerichtet.