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Rollenspiele gegen den Gruppenzwang

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Rollenspiele gegen den Gruppenzwang

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    Von Markus Bär, Kaufbeuren/Marktoberdorf - Etwa 13,5 Jahre alt sind Jugendliche im Durchschnitt, wenn sie zu Rauchern werden - und werden damit immer jünger. Das belegen Zahlen des bayerischen Gesundheitsministeriums. Auch Schulleiter und Lehrer in Kaufbeuren beobachten diese Entwicklung. Die Abteilung Gesundheitswesen des Landratsamtes Ostallgäu, auch für die Stadt Kaufbeuren zuständig, möchte diesem Trend im engen Schulterschluss mit den Schulen mit neuen präventiven Maßnahmen entgegentreten. 'Vorbeugung sah bis vor einigen Jahren noch so aus, dass man den Kindern in der Schule zum Beispiel Bilder von Raucherbeinen gezeigt hat', sagt Wolfgang Hawel, Sozialpädagoge bei der Abteilung Gesundheitswesen am Landratsamt. 'Wir wollen weg von der reinen Wissensvermittlung, die bis dahin geht, dass Schüler die Moleküle von Suchtmitteln kennen.' Man sei mittlerweile der Ansicht, dass Prävention Spaß machen müsse, personenbezogen sein müsse. Deshalb gehen Mitarbeiter in die Kaufbeurer und Ostallgäuer Schulen und moderieren beispielsweise Rollenspiele. 'Dabei wird dem Schüler besonders anschaulich, wie Gruppenzwang aufgebaut wird und wie er wirkt.' Jugendliche, die sich über diesen Mechanismus im Klaren seien, könnten eher 'Nein' zur Zigarette sagen. 'Es gibt inzwischen eine wissenschaftliche Erhebung, bei der das Verhalten bei 1800 Schülern in Zusammenhang mit den neueren Präventivmaßnahmen erfasst wurde. Es gab deutlich weniger Raucher, als im Vergleich zur Kontrollgruppe, der keine Prävention vermittelt wurde.' Warum Jugendliche nach einer seit den 70er-Jahren anhaltenden Abwärtsentwicklung nun erneut vermehrt zum Glimmstengel greifen, erklärt Hawel damit, dass Rauchen wieder mehr 'in' ist, mehr als 'cool' gilt. Werbung sei in dieser Sache wichtig. 'Auch das Elternhaus spielt eine große Rolle. Wenn Mutter oder Vater rauchen, ist die Chance, dass das Kind ebenfalls Raucher wird, besonders hoch.

    ' Zitat Wenn ich einen Schüler an der Bushaltestelle beim Rauchen erwische, benachrichtige ich die Eltern.} Martin Sulzenbacher, Leiter der Staatlichen Realschule Kaufbeuren An den Haupt- und Realschulen ist Rauchen generell untersagt. 'Das steht so in der Hausordnung', erläutert Schulamtsleiter Karl Happ, für die Grund- und Hauptschulen zuständig. Die Schäden des Rauchens werden in der Regel in den fünften Klassen im Biologieunterricht durchgenommen. Gleichwohl sei bekannt, dass viele Jugendliche nach der Schule rauchen. 'Wenn ich einen Schüler an der Bushaltestelle mit einer Zigarette erwische, dann benachrichtige ich die Eltern' sagt Martin Sulzenbacher, Rektor der Staatlichen Realschule in Kaufbeuren, an der Anfang Februar erst Mitarbeiter der Abteilung Gesundheitswesen mit ihrem Präventionsprogramm in Klassen zu Gast waren. Auch Sulzenbacher beobachtet, dass Schüler immer früher mit dem Rauchen beginnen. Am Jakob-Brucker-Gymnasium ist zwar Rauchen untersagt, doch laut Schulordnung kann Schülern der Jahrgangsstufen 12 und 13 eine Rauchmöglichkeit geschaffen werden. 'Diese war vom Schulforum eingeräumt worden', so Schulleiter Heinz-Peter Kempf. So gibt es zum Beispiel eine von außen nicht einsehbare Raucherecke. 'Mir wäre es aber recht, wenn das Ministerium ein generelles Rauchverbot aussprechen würde', meint Kempf. Derzeit gebe es am Gymnasium einen Abstimmungsprozess, ob sich die Einrichtung an dem Bundesprojekt 'No smoking' beteiligen solle. Etwas anders gelagert ist die Situation zum Beispiel an der Kaufbeurer Berufsschule: Viele Schüler sind bereits erwachsen. 'Zwar ist das Rauchen im Gebäude kategorisch untersagt, doch wir finden immer wieder Kippen auf den Toiletten', so Schulleiter Bruno Fischer. Eine permanente Aufsicht sei aber nicht möglich. Alle befragten Lehrkräfte betonten, dass das Rauchen immer wieder thematisiert werde. Der Illusion, alle Jugendlichen davon abhalten zu können, erliegt aber niemand.

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