Von Markus Frobenius, Mauerstetten - 'Als kleiner Bub saß ich eines Sonntagnachmittags am Oberjoch und schaute den jungen Burschen zu, wie sie mit einer Adler oder Horex über den Pass fuhren. Da dachte ich mir, das will ich auch', erzählt Rudolf Klaus. Der 62-Jährige hat sich seinen Wunsch erfüllt und fährt seit Jahren Motorrad. Zugleich wurde aus dem Buben ein angesehener Pfarrer, dessen Motorrad-Gottesdienste landauf, landab gefragt sind: Doch nun muss Klaus diese aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. 'Motorradpfarrer gibt es nicht viele', sagt Klaus. Er versteht darunter Pfarrer, die in Lederklamotten in den Camping-Urlaub fahren, Biker-Treffen besuchen oder auch Gottesdienste für Motorradclubs abhalten. So etwas zu werden - danach sah es für den gebürtigen Wertacher in seiner Jugend zunächst nicht aus: Nach dem Abitur im Knabenseminar Kempten wollte Klaus die weite Welt sehen. Er trampte nach Hamburg und wollte auf einem Schiff anheuern. Zwar wohnte er in der Hansestadt, aber es gab nur Jobs als Entlader im Hafen und später als Schlafwagenschaffner. Da sich die große Freiheit nicht einstellte und Klaus zugleich in Hamburg den Zusammenhalt der Kirchengemeinde sympathisch fand, wandte er sich der Theologie zu. Später begann er ein Theologiestudium in Münster.
Beim späteren Papst im Hörsaal Dort hörte er mit Tausenden weiterer Studenten eine Ringvorlesung von Josef Ratzinger. Der heutige Papst Benedikt XVI. war 1965 bei den Studenten 'unheimlich beliebt'. Drei Jahre zuvor hatte Ratzinger nämlich beim Konzil im Vatikan eine 'aufmüpfige Rede' gehalten und sich dabei gegen den Zentralismus in der Kirche gewandt. Klaus lernte Ratzinger als 'ruhig, zurückhaltend, asketisch und sehr belesen' kennen. 'Wenn er sich so als Papst verhält, wird das der Kirche gut tun', glaubt Klaus. Ende der 1960er Jahre beendete er sein Studium in Dillingen und erhielt 1969 die Priesterweihe in der St. Martinskirche in Kaufbeuren. Nach sechs Jahren als Kaplan und Benefiziat in Krumbach und Weißenhorn kam Klaus als Pfarrer nach Pfaffenhofen. In den 17 Jahren dort entdeckte er seine Vorliebe für Motorräder wieder: Als fast 40-Jähriger kaufte er sich eine BMW - und eine so genannte Gummikuh fährt er auch heute noch. 'Die Ökumene reicht soweit, dass wir BMW-Fahrer auch andere Marken-Fahrer grüßen', scherzt er.
'Rocker' auf die Bänke verwiesen 'Anfangs hatte ich noch Hemmungen, als Pfarrer Motorrad zu fahren, denn da galt noch das Rocker-Image', erinnert sich Klaus. So sei er einmal mit Freunden auf Tour gewesen und wollte in der Schweiz einen Gottesdienst besuchen: 'Da kam der Pfarrer auf uns zu und ich freute mich, dass er uns begrüßen wollte. Doch er schickte uns nur auf die hinteren Bänke', erzählt Klaus. Er fuhr in Lederklamotten kreuz und quer durch Südeuropa, über Pässe und campierte, wo es ihm passte. Ihm behagt die Kontakt- und Hilfsbereitschaft der Motorradfahrer. Und Klaus wurde immer bekannter: Man schrieb über ihn und er lernte Motorradsportler wie Toni Mang kennen. In Klaus' Gemeinde waren 'manche stolz, dass ihr Pfarrer Motorrad fuhr'. Auch seine Motorrad-Gottesdienste für die 'Rocker' wurden bekannt: Ob Nesselwang oder Irsee, Germaringen oder Heidenheim: Dort, im Schwäbischen, kamen regelmäßig über 1000 Biker zu seinen Gottesdiensten. An diesen hielt er auch fest, als er vor zwölf Jahren nach Mauerstetten kam. 'Jetzt geht meine Motorrad-Ära aus gesundheitlichen Gründen zu Ende', klagt er. Nach einer Krankheit hat ihm sein Arzt geraten, Stress zu vermeiden. Zumindest für kurze Touren reicht es immer noch. Doch sollte die Gesundheit mitmachen, 'wäre mein zehnter Motorrad-Gottesdienst in Heidenheim eine schöne Sache', wünscht er sich. Ansonsten bleibe ihm noch seine Arbeit. 'Ich bin schließlich sehr gern Pfarrer.' Außerdem steht da immer noch die BMW in der Garage und 'putzen, pflegen oder schrauben hat ja auch meditative Momente'.